Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 12 WEG, § 26 WEG, § 653 BGB, § 354 HGB
Kommentar
Der Verwalter einer Eigentumswohnanlage, von dessen Zustimmung die Gültigkeit eines Wohnungsverkaufs abhängig ist, kann wegen des damit verbundenen Konflikts mit den Interessen des Käufers nicht dessen Makler sein.
Die dem entgegenstehenden Auffassungen der beiden Vorinstanzen (des Landgerichts München I und des OLG München) hätten die Rechtsprechung des BGH zur Verflechtung von Provisionsvereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (BGH v. 22. 3. 1978, WM 1978, 711). Eine solche, den Provisionsanspruch ausschließende Verflechtung sei dann gegeben, wenn das Zustandekommen des Hauptvertrages nicht allein von einer übereinstimmenden Willensbildung der Parteien dieses Vertrages, sondern (auch) von einer Entscheidung des Maklers abhängig sei (BGH, NJW 85, 2473). Dies sei hier der Fall, wenn die Verwalterzustimmung (des Maklers) nach § 12 WEG wirksam vereinbart sei. Hier gingen die Befugnisse des klagenden Maklers über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinaus. Der Makler stehe in einem Interessenkonflikt, da er die Interessen seines Kunden ebenso wahrzunehmen habe, wie als Verwalter die der Wohnungseigentümer, die u. U. gegenläufig seien. Seine selbstständige, unabhängige Willensbildung sei dadurch zumindest gefährdet. Ein solcher Interessenkonflikt stehe bei der Verflechtungsrechtsprechung im Vordergrund (BGH, NJW 1981, 2293). Die Befugnis, über das Zustandekommen des Veräußerungsvertrages als Verwalter zu entscheiden (und damit gleichzeitig den Provisionsanspruch eines tätig gewordenen Maklers entstehen zu lassen), sei ausschlaggebend, nicht aber, ob er im Interesse des Veräußerers handele (entgegen Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 6. Aufl. § 12 Rdn. 21). Entscheidet der Makler - wie hier - über den Abschluss des Hauptvertrages, dann sei der Interessenkonflikt institutionalisiert. Diese Interessenkollision hindere ihn an einer dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden Maklertätigkeit (BGH, NJW 1987, 1008). Demgemäß komme in diesen Fällen auch eine Anwendung der §§ 653 BGB, 354 HGB nicht in Betracht.
Ein eigenes, nicht auf eine Maklertätigkeit der Klägerin abstellendes Provisionsversprechen der Käuferin (der Beklagten) ließ sich den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch nicht entnehmen. Dass die beklagte Käuferin vor Abschluss des Kaufvertrages darüber aufgeklärt worden wäre, die Klägerin sei wegen der Ausgestaltung ihrer Verwalterstellung gehindert, Maklerleistungen zu erbringen, weshalb im Rahmen des Kaufvertrags in einem Vertrag zu ihren Gunsten ein unabhängiges Provisionsversprechen abgegeben werden solle, sei im vorliegenden Fall von den Parteien nicht vorgetragen worden und auch aus dem Berufungsurteil nicht ersichtlich.
Link zur Entscheidung
( BGH, Urteil vom 26.09.1990, IV ZR 226/89)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Untergerichte haben in dieser Frage bisher überwiegend anders entschieden, speziell zu Mietvertrags- aber auch Verkaufsvermittlungen eines WEG-Verwalters und trotz vereinbarter Verwalterzustimmung Provisionsansprüche als berechtigt angesehen. Bei einer Kaufvertragsvermittlung - zumindest im Fall vereinbarter Veräußerungszustimmung nach § 12 WEG - werden nunmehr Verwalter grds. nicht mehr provisionsberechtigt vermitteln dürfen. Ein gewisser Interessenkonflikt liegt natürlich auf der Hand, da bekanntlich die Veräußerungszustimmung dem Veräußerer zu erteilen ist, wenn auch nach zumindest überschlägiger Prüfung der Erwerbsperson (persönliche oder finanzielle Integrität; bei begründeten Zweifeln insoweit Verweigerung der Zustimmung allein aus diesen - wichtigen - Gründen).
Richtig ist sicher, dass die generelle Vereinbarung des § 12 WEG den Interessen aller Eigentümer dienen soll, über gewisse neutrale (kurzfristige und naturgemäß oberflächliche) Prüfung nur integre und seriöse Rechtsnachfolger als Mitglieder der Gemeinschaft zu erhalten, wobei sich nach meiner praktischen Erfahrung diese Vereinbarung als sehr inhaltsleer, uneffektiv und für Verwalter risikobehaftet herausgestellt hat. Nicht zu verkennen ist nämlich, dass Veräußerer einen Anspruch auf Zustimmung besitzen, wenn sich hinsichtlich einer Kaufpartei keine begründeten Zweifel an deren persönlicher oder finanzieller Integrität ergeben. Ließe sich hier ein Maklerverwalter im Einzelfall allein von eigenen Provisionsinteressen leiten und käme er als Verwalter zu einer wohnungseigentumsrechtlich unrichtigen Entscheidung, wären Schadenersatzansprüche der Gemeinschaft gegen ihn aus vertraglicher Nebenpflichtverletzung denkbar und begründet. Ein Interessenkonflikt "Verwalter/Makler" muss also nicht offenkundig sein, wie vom BGH wohl befürchtet, zumal gerade ein Makler über eine Käuferperson bestens informiert sein dürfte.
Verwalter und Makler - wie häufig in diesem Berufszweig in doppelter Berufsfunktion tätig - werden diese Grundsatzentscheidung des BGH jedoch erst einmal zu respektieren haben, mit anderen Worten zumindest Käufer von Wohnungen in vo...