Zusammenfassung
Das Weihnachtsgeld, auch Weihnachtsgratifikation, ist als Sondervergütung mit Entgeltcharakter anzusehen. Es wird vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zusätzlich zum vereinbarten Entgelt gezahlt. Der Name und der Zahlungszeitpunkt, meist November oder Dezember, lehnen sich an das christliche Weihnachtsfest an. Der Anspruch und die Höhe des Weihnachtsgeldes können sich aus vertraglichen Regelungen oder aus wiederholter freiwilliger Leistung des Arbeitgebers (ohne Vorbehalt der Freiwilligkeit und Widerruflichkeit) ergeben.
Arbeitsrecht: Gesetzlich geregelt ist das Weihnachtsgeld nicht. Wichtige Entscheidungen: BAG, Urteil v. 20.2.2013, 10 AZR 177/12; BAG, Urteil v. 13.5.2015, 10 AZR 266/14; BAG, Urteil v. 23.3.2017, 6 AZR 264/16, Rn. 18-23; BAG, Urteil v. 23.8.2017, 10 AZR 376/16.
Lohnsteuer: Die Lohnsteuerpflicht des Weihnachtsgelds ergibt sich aus § 19 Abs. 1 EStG i. V. m. § 39b EStG. Zur Umwandlung des Weihnachtsgelds in pauschalversteuerte Vergütungsbausteine s. BFH, Urteil v. 1.10.2009, VI R 41/07, BStBl 2010 II S. 487.
Arbeitsrecht
1 Anspruch
Ein Anspruch auf die Weihnachtsgratifikation kann sich aus Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einer entsprechenden einzelvertraglichen Regelung ergeben. Ein Anspruch kann sich auch aus der Betrieblichen Übung ergeben, wenn der Arbeitgeber dreimal eine Gratifikation ohne Freiwilligkeitsvorbehalt gewährt hat.
Keine gegenläufige betriebliche Übung mehr
Die Rechtsprechung zur gegenläufigen betrieblichen Übung hat das BAG ausdrücklich aufgegeben. Erklärt ein Arbeitgeber zwar unmissverständlich, dass die bisherige betriebliche Übung einer vorbehaltslosen Weihnachtsgeldzahlung beendet werden und durch eine Leistung mit Freiwilligkeitsvorbehalt ersetzt werden soll, führt eine dreimalige widerspruchslose Entgegennahme der Zahlung durch den Arbeitnehmer nicht mehr zum Verlust des Anspruchs auf das Weihnachtsgeld.
Ein Anspruch kann auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz abgeleitet werden. Will der Arbeitgeber nicht alle Mitarbeiter oder nicht alle gleichmäßig bedenken, muss er die – sachlich begründeten – Kriterien hierfür offenlegen.
2 Freiwilligkeitsvorbehalt
Die Zahlungen können unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden. Die mit der jeweiligen Zahlung verbundene schriftliche Mitteilung, dass diese Leistung einmalig sei und zukünftige Ansprüche ausschließe, verhindert die Entstehung eines vertraglichen Anspruchs aus betrieblicher Übung. Auch der klare und verständliche Freiwilligkeitsvorbehalt in einem Formulararbeitsvertrag ist nach der Rechtsprechung des BAG grundsätzlich möglich.
Transparenzgebot bei Formularverträgen beachten
Enthält der Formulararbeitsvertrag zwar einen Freiwilligkeitsvorbehalt, regelt aber zugleich die "Gewährung" von Weihnachtsgeld, das der Höhe nach konkret bestimmt ist und bei steigender Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt erhöht wird, wird ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf das Weihnachtsgeld nicht verhindert. Die Kombination der vertraglichen Regelungen verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, sodass der Arbeitgeber die für ihn ungünstigste Auslegungsmöglichkeit des Arbeitsvertrags gegen sich gelten lassen muss.
3 Stichtagsregelung
Bei einer Stichtagsregelung entfällt der Anspruch auf das Weihnachtsgeld, wenn das Arbeitsverhältnis vor einem bestimmten Stichtag endet. Die Gratifikation dient der Bindung an den Betrieb. Solche zukunftsbezogenen Zweckbestimmungen sind von der Rechtsprechung anerkannt, soweit sie eindeutig festgelegt sind und die Sonderzuwendung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient. Hat die Sonderzahlung Mischcharakter und stellt auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung dar, kann sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet oder sonstige Zwecke verfolgt, ist durch Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen zu ermitteln. Reiner Gratifikationscharakter ist insbesondere anzunehmen, wenn eine Leistung nicht von einer Gegenleistung abhängig ist.