Das Verbot, einen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig zu benachteiligen, entspricht dem bisherigen § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG a. F. Der dort verwendete Begriff der "Beeinträchtigung" wird in § 20 Abs. 4 WEG n. F. lediglich aus sprachlichen Gründen durch den Begriff der "Benachteiligung" ersetzt.

6.2.1 Benachteiligung durch die Maßnahme selbst

Ein Verstoß gegen das Verbot der unbilligen Benachteiligung setzt zunächst voraus, dass einem Wohnungseigentümer Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung nicht durch die mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteile ausgeglichen werden.[1] Darüber hinaus ist notwendig, dass die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führt, indem die Nachteile einem oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden, als den übrigen Wohnungseigentümern.[2] Dabei sind insbesondere die Belange behinderter Wohnungseigentümer zu berücksichtigen.

Optische Veränderungen des Gemeinschaftseigentums sind künftig bis zur Grenze des Verbots der grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage hinzunehmen. Bei der Beurteilung, ob eine Modernisierungsmaßnahme zu einer unbilligen Beeinträchtigung einzelner Wohnungseigentümer führt, sind stets die Maßgaben des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen. Zu Detailfragen fehlt es an höchstrichterlicher Rechtsprechung. So bestehen nach derzeit geltender Rechtslage bereits unterschiedliche Auffassungen dahingehend, ob etwa die Gefahr einer Verdunkelung von Räumen im Zuge der Errichtung von Balkonen zu einer unbilligen Beeinträchtigung führen kann.[3]

Entsprechende Rechtsunsicherheiten bzw. Auslegungsschwierigkeiten wird es in Zukunft dann geben, wenn einer der Wohnungseigentümer z. B. die Gestattung der Montage eines Klimageräts begehrt, das im konkreten Einzelfall wahrnehmbare Geräusche nur in den benachbarten Sondereigentumseinheiten abgibt, nicht aber in allen. Ob solche Baumaßnahmen dann aber einen Nachteil für diese benachbarten Wohnungseigentümer darstellen, den diese als eine Art "Sonderopfer" zu dulden haben, wird die Rechtsprechung zu klären haben.

6.2.2 Benachteiligung durch die Kosten der Maßnahme

Die mit einer Maßnahme der baulichen Veränderung verbundenen Kosten können zunächst keine unbillige Benachteiligung von Wohnungseigentümern zur Folge haben, da nur die bauwilligen und zustimmenden Wohnungseigentümer sowohl die Kosten der Maßnahme selbst als auch ihre Folgekosten zu tragen haben.

Was bauliche Veränderungen gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG n. F. betrifft, die Maßnahmen der Modernisierung unter Berücksichtigung des weitergehenden Modernisierungsbegriffs im Bereich des Wohnungseigentums gemäß § 555b Nr. 1 bis 5 BGB darstellen, und solche gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG n. F., deren Kosten sich in einem angemessenen Zeitraum amortisieren, wird weiterhin der Grundsatz gelten, dass jeder Wohnungseigentümer nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit baulichen Maßnahmen rechnen muss, die das Gemeinschaftseigentum in einen Zustand versetzen, wie er allgemein üblich oder aufgrund von technischen Entwicklungen möglich ist. Insoweit müssen Wohnungseigentümer durchaus private Rücklagen bilden, um auch derartige Maßnahmen finanzieren zu können. Nur wenn Maßnahmen darüber hinausgehen oder ersichtlich unwirtschaftlich sind, weil die Kosten die Aufwendungen übersteigen, die dazu dienen, das Gemeinschaftseigentum in einen allgemein üblichen Zustand zu versetzen, kann im Einzelfall eine unbillige Beeinträchtigung vorliegen.[1]

Diese Grundsätze werden für die Beurteilung einer Unverhältnismäßigkeit von auf Grundlage des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG n. F. beschlossenen baulichen Veränderungen mit modernisierendem Charakter ohne Kostenamortisation wohl weitergelten und im Rahmen einer Anfechtungsklage nach § 21 Abs. 5 WEG n. F. geprüft werden. Wie der Rechtsausschuss für Maßnahmen der amortisierenden baulichen Veränderung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG n. F. klargestellt hat, soll allerdings der bislang geltende 10-Jahreszeitraum wichtiger Anhaltspunkt für die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses darstellen.[2]

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