Alexander C. Blankenstein
9.1.4.1 Laufende Hausgelder
Abhängig vom Kostenaufwand kann eine Finanzierung aus den laufenden Hausgeldern erfolgen. Dies dürfte in aller Regel allerdings nicht möglich sein.
9.1.4.2 Erhaltungs- bzw. Instandhaltungsrücklage
Bei der Erhaltungs- bzw. Instandhaltungsrücklage handelt es sich um zweckgebundenes Sondervermögen der Eigentümergemeinschaft. Die Erhaltungsrücklage dient allein der Finanzierung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. Hieran wird sich auch unter Geltung des WEMoG nichts ändern. Hier wird nur der Terminus geändert und es wird künftig in § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG n. F. von der "Erhaltungsrücklage" die Rede sein.
Maßnahmen der baulichen Veränderung stellen keine Erhaltungsmaßnahmen dar. Weder dem Gesetzestext noch seiner Begründung ist in wünschenswerter Weise zu entnehmen, was für Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung gelten wird. Auch die Frage, ob Modernisierungsmaßnahmen aus der Instandhaltungsrücklage finanziert werden können, ist bislang nicht abschließend geklärt. Auch den Entscheidungsgründen des BGH-Urteils vom 25.9.2015 ist Entsprechendes nicht eindeutig zu entnehmen: "Nicht jedem Wohnungseigentümer ist es nämlich möglich und zumutbar, bei einem größeren Finanzbedarf der Gemeinschaft, der durch den Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckt werden kann, eine hohe (anteilige) Sonderumlage aufzubringen. Zugleich ist den übrigen Wohnungseigentümern und auch dem Gesetzgeber daran gelegen, dass Wohnanlagen nicht infolge ausbleibender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen verfallen oder erheblich an Wert verlieren." – zumal der BGH hier nicht über die Finanzierung einer Modernisierungsmaßnahme aus der Instandhaltungsrücklage zu entscheiden hatte, sondern darüber, ob eine Kreditaufnahme (KfW-Förderkredit) durch die Eigentümergemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
Allerdings dürfte sich das Problem auch nur dann stellen, wenn die Wohnungseigentümer keine Modernisierungsrücklage gebildet haben. Bereits der Gesetzgeber des WEG-Änderungsgesetzes aus dem Jahr 2007 war der Auffassung, zur Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen könne durchaus eine Modernisierungsrücklage auf Grundlage der §§ 16 Abs. 4 i. V. m. 22 Abs. 2 WEG a. F. gebildet werden. Der derzeitige Gesetzgeber sieht die Bildung "anderweitiger" Rücklagen sogar ausdrücklich in § 28 Abs. 1 Satz 2 WEG n. F. vor.
Teilauflösung der Rücklage
Auch wenn Baumaßnahmen nicht aus der Instandhaltungsrücklage (bzw. künftig der Erhaltungsrücklage) finanziert werden können, gilt anderes dann, wenn die Wohnungseigentümer deren Teilauflösung beschließen. Eine Beschlusskompetenz hierzu haben die Wohnungseigentümer durchaus. Auch unter Geltung des WEMoG wird sich hieran nichts ändern, wenn die Wohnungseigentümer keine "Bau- oder Modernisierungsrücklage" gebildet haben.
Freilich entspricht insoweit nur eine Teilauflösung ordnungsmäßiger Verwaltung, denn es muss stets eine angemessene Höhe in der Rücklage verbleiben. Was hier als angemessen anzusehen ist, hängt von den Maßgaben des konkreten Einzelfalls ab. Maßgeblich ist insbesondere, ob ggf. neben der geplanten Bau- bzw. Modernisierungsmaßnahme in absehbarer Zeit auch noch Maßnahmen der Erhaltung bzw. Instandhaltung oder Instandsetzung erforderlich werden.
TOP XX: [Nennung der konkreten Modernisierungsmaßnahme]; Teilauflösung der Erhaltungsrücklage zur Finanzierung der Maßnahme
Die Wohnungseigentümer beschließen (...) [konkreter Beschlussinhalt]
Derzeit enthält die Erhaltungsrücklage liquide Mittel in Höhe von 150.000 EUR. Erforderliche Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen sind nicht abzusehen. Unter teilweiser Auflösung der Erhaltungsrücklage in Höhe von 50.000 EUR beschließen die Wohnungseigentümer daher die Finanzierung der vorbeschlossenen baulichen Veränderung mit Kostenbelastung aller Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 2 WEG aus der Erhaltungsrücklage. Sollten die in der Erhaltungsrücklage verbleibenden Mittel angesichts unvorhersehbaren Instandhaltungs- oder Instandsetzungsbedarfs nicht ausreichen, wird der Verwalter unverzüglich eine außerordentliche Wohnungseigentümerversammlung zwecks Beschlussfassung über die Erhebung einer Sonderumlage einberufen.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: _____
Nein-Stimmen: _____
Enthaltungen: _____
Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:
______________
Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.
9.1.4.3 Sonderumlage
Regelfall der Finanzierung einer baulichen Veränderung dürfte auch unter Geltung des WEMoG die Erhebung einer entsprechenden Sonderumlage sein. Bei Finanzierung der Modernisierungsmaßnahme durch Sonderumlage müssen
- die Fälligkeit der Beiträge geregelt und
- die auf die einzelnen Wohnungseigentümer entfallenen Beiträge ausgewiesen werden oder zumindest durch Angabe des Verteilerschlüssels leicht errechenbar sein.