9.3.1 Kostenverteilung unter allen

Haben alle Wohnungseigentümer der baulichen Veränderung zugestimmt oder sind alle Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 2 WEG n. F. verpflichtet, die Kosten der Maßnahme zu tragen, weil ein Fall des § 21 Abs. 2 WEG n. F. vorliegt, erfolgt die Kostenverteilung sachlogisch unter allen Wohnungseigentümern nach dem gesetzlichen, vereinbarten oder aber auch auf Grundlage von § 21 Abs. 5 Satz 1 WEG n. F. abweichend hiervon beschlossenen Kostenverteilungsschlüssel.

9.3.2 Kostenverteilung nur unter den Zustimmenden

Stimmen nicht alle Wohnungseigentümer der Baumaßnahme zu und müssen auch nicht alle Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 2 WEG n. F. die Kosten der Maßnahme tragen, hat der Verwalter die Kosten der Baumaßnahme selbst und die Folgekosten lediglich unter den zustimmenden Wohnungseigentümern zu verteilen.

 
Praxis-Beispiel

Der Treppenlift – Teil 1

In der aus 15 Wohnungseigentümern bestehenden Wohnanlage leben 7 bereits hochbetagte und zunehmend gebrechlicher werdende Wohnungseigentümer. In einer Wohnungseigentümerversammlung sind insgesamt 10 Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten. Mit den Stimmen der 7 Wohnungseigentümer, die 4.500/10.000 Miteigentumsanteile repräsentieren, wird beschlossen, einen Treppenlift durch das gemeinschaftliche Treppenhaus bis in das 4. Obergeschoss zu montieren. Die Kosten werden sich auf 21.000 EUR belaufen. Die Maßnahme soll durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer umgesetzt werden.

Die Wohnungseigentümer 1 bis 7, in deren Interesse der Einbau des Treppenlifts erfolgt, sind verpflichtet, die Kosten des Einbaus zu tragen, da das für eine allseitige Kostentragungspflicht erforderliche Quorum des § 21 Abs. 2 Nr. 1 WEG n. F. nicht erreicht ist. Die Wohnungseigentümer 1 bis 7 sind auch verpflichtet, die Folgekosten der Baumaßnahme, wie Wartungskosten, anteilige Stromkosten und Kosten der Erhaltung des Treppenlifts, zu tragen. Die Kostenverteilung erfolgt gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 WEG n. F. nach Miteigentumsanteilen, so die Wohnungseigentümer keinen abweichenden Maßstab beschließen. Dies ist hier der Fall, da die Wohnungseigentümer eine Kostenverteilung nach Wohnungen für angemessen halten.

9.3.3 Nachzügler berücksichtigen

Diejenigen Wohnungseigentümer, die einer gemeinschaftlich durchgeführten Maßnahme nicht zugestimmt oder sich enthalten haben, waren in die ursprüngliche Kostenverteilung nicht mit einzubeziehen. Diesen Wohnungseigentümern verleiht allerdings § 21 Abs. 4 WEG n. F. einen Anspruch darauf, dass ihnen Nutzungen gestattet werden, wenn dies billigem Ermessen entspricht und diese Wohnungseigentümer einen angemessenen Ausgleich leisten. Über das Begehren beschließen wiederum sämtliche Wohnungseigentümer.[1]

Wird dem Begehren dieser Nachzügler entsprochen, beschließen die Wohnungseigentümer mit Blick auf die Kosten der Baumaßnahme über einen angemessenen Ausgleich, der sich an den anteilsmäßigen Kosten orientieren wird. Bezüglich der Kosten der laufenden Unterhaltung und Erhaltung der neu geschaffenen Anlage werden die Nachzügler in die laufende Kostenverteilung mit einbezogen.

 
Praxis-Beispiel

Der Treppenlift – Teil 2

Der mittlerweile ebenfalls betagte Wohnungseigentümer 8, der dem Einbau des Treppenlifts ursprünglich nicht zugestimmt hatte, will diesen jetzt ebenfalls nutzen.

Aufgrund der unter den Wohnungseigentümern bestehenden Treuepflicht und dem Grundsatz der Gleichbehandlung, wird man dem Begehren dieses Wohnungseigentümers entsprechen müssen. Er hat Anspruch auf Genehmigungsbeschlussfassung. Im Gegenzug hat er einen angemessenen Ausgleich für die angefallenen Baukosten zu leisten und sich in Zukunft an den entstehenden Betriebs- und Erhaltungskosten zu beteiligen.

Bezüglich der zu erstellenden Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen hat der Verwalter also den entsprechenden Kostenverteilungsschlüssel anzupassen. Hinsichtlich des zu leistenden Ausgleichsbetrags für die Kosten der Baumaßnahme dürfte es zweifellos der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer unterfallen, den Wohnungseigentümer entweder unmittelbar zur Ausgleichszahlung an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu verpflichten oder seine Kostenbelastung im Rahmen der Jahresabrechnung zu regeln. Im einen wie im anderen Fall hat der Verwalter dann zu beachten, welchen Wohnungseigentümern entweder der Ausgleichsbetrag anteilig auszuzahlen sein wird bzw. zu wessen Gunsten Gutschriften im Rahmen der Jahresabrechnung erfolgen müssen.

[1] Siehe ausführlich "Schwimmhallenfall" in Klassische bauliche Veränderung.

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