Leitsatz
Das OLG Frankfurt hatte sich damit auseinanderzusetzen, wann von einer Anhörung der Parteien nach § 613 ZPO (jetzt: § 128 FamFG) abgesehen werden kann. Ferner war Gegenstand des Verfahrens die Beachtlichkeit des Widerspruchsrechts gegen die Scheidung nach türkischem Recht.
Sachverhalt
Der am 15.2.1938 geborene Antragsteller und die am 5.3.1947 geborene Antragsgegnerin waren beide türkische Staatsangehörige und hatten am 30.9.1985 die Ehe geschlossen, aus der eine im Jahre 1983 geborene Tochter hervorgegangen war. Der Antragsteller begehrte die Scheidung der Ehe und berief sich auf die seit mindestens fünf Jahre andauernde Trennung von seiner Ehefrau. Sie verweigere jede Kommunikation, ein im April 2008 durchgeführter Versöhnungsversuch sei gescheitert.
Im Übrigen verweigere sie ihm jede Unterstützung. Während eines Krankenhausaufenthalts habe sie ihn nicht besucht und ihn nach seiner Rückkehr aus einem weiteren Krankenhausaufenthalt jede Hilfe verweigert. Nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus sei er gestürzt und habe nicht alleine aufstehen können. Seine Hilferufe seien von der Antragsgegnerin ignoriert worden.
In dem vom FamG auf den 12.9.2008 anberaumten Termin sind die Eheleute nicht erschienen. Die Antragsgegnerin hat sich auf eine stationäre Heilbehandlung berufen, der Antragsteller hatte vorgetragen, er halte sich zu dieser Zeit in der Türkei auf und könne deshalb nicht kommen.
Das AG hat daraufhin den Scheidungsantrag des Ehemannes abgewiesen.
Auf die Berufung des Antragstellers gegen diese Entscheidung hob das OLG das Urteil auf und verwies die Sache an das AG zurück.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, das AG habe unter Verletzung des § 613 Abs. 1 S. 1 ZPO die persönliche Anhörung der Parteien unterlassen. Von der vor Urteilserlass grundsätzlich gebotenen Parteianhörung seien nur unteren besonderen Umständen Ausnahmefälle denkbar. Ein solcher Ausnahmefall liege hier jedoch nicht vor.
Das AG habe in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass infolge des Nichterscheinens der Parteien wegen der Auslandsreise des Antragstellers und des stationären Krankenhausaufenthalts der Antragsgegnerin eine persönliche Anhörung der Parteien im Termin nicht möglich sei, weshalb es die Frage der Zerrüttung der Ehe nicht weiter habe aufklären können.
Die dem FamG obliegende Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts rechtfertige es nicht, von einer Anhörung nach § 613 ZPO alleine deswegen abzusehen, weil eine Partei sich zum Zeitpunkt des Termins im Ausland aufhalte und die andere Partei krankheitsbedingt am Erscheinen gehindert sei. Sei die Anhörung in dem anberaumten Termin wegen des Nichterscheinens der Parteien nicht möglich, obliege es des FamG, einen neuen Anhörungstermin zu bestimmen. Dies gelte insbesondere, wenn dem FamG bereits vor dem Termin angezeigt worden sei, dass keine der Parteien am Terminstag in der Lage sein werde, der Ladung Folge zu leisten.
Soweit das FamG die Auffassung vertrete, die Antragsgegnerin habe einen wirksamen Widerspruch gegen die Ehescheidung nach § 166 Abs. 2 Türk ZGB erhoben, sei dem nicht zu folgen.
Sie habe in keinem ihrer die Versöhnung darstellenden Schriftsätze das Widerspruchsrecht nach § 166 Abs. 2 Türk ZGB ausdrücklich geltend gemacht. Eine Scheidung wegen Zerrüttung der Ehe werde jedoch nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin an der Ehe festhalten wolle. Ein beachtliches Widerspruchsrecht bestehe nur dann wenn den Antragsteller ein überwiegendes Verschulden an der Zerrüttung treffe, was im vorliegenden Fall nicht einmal vorgetragen sei.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.02.2009, 5 UF 260/08