Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Widerspruch zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan (im Zweifel entsteht kein Sondereigentum)
Unterteilung eines Wohnungseigentums (gemeinschaftlicher Raum kann hier nicht als Sondereigentum ausgewiesen werden)
Eine inhaltlich unzulässige Eintragung im Grundbuch ist zu löschen
Normenkette
§ 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG, § 8 WEG, § 53 Abs. 1 S. 2 GBO, § 133 BGB
Kommentar
1. Inhalt der Grundbucheintragung ist bei der Teilung eines Grundstücks in Wohnungseigentum die Teilungserklärung als Eintragungsbewilligung ( § 8 Abs. 1 WEG) und der Aufteilungsplan als Anlage dazu ( § 8 Abs. 2 WEG i.V.m. § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG). Den Inhalt des Grundbuches kann das Rechtsbeschwerdegericht ohne Bindung an die Auslegung durch das LG selbstständig auslegen (nach objektiven Auslegungskriterien gem. h.M.). Insbesondere der Aufteilungsplan soll sicherstellen, dass dem Bestimmtheitsgrundsatz des Sachen- und Grundbuchrechts Rechnung getragen wird; durch ihn soll festgestellt werden, welche Räume nach der Teilungserklärung zu welchem Sondereigentum gehören und wo die Grenzen der im Sondereigentum stehenden Räume untereinander sowie gegenüber dem gemeinschaftlichen Eigentum verlaufen.
Stimmen wörtliche Beschreibung des Gegenstands von Sondereigentum im Text der Teilungserklärung und die Angaben im Aufteilungsplan nicht überein, ist grundsätzlich keiner der sich widersprechenden Erklärungsinhalte vorrangig. Ein Widerspruch zwischen Aufteilungsplan und Teilungserklärung bewirkt, dass an den hiervon betroffenen Räumen kein Sondereigentum entstanden ist (BGHZ 130, 159/166 m.w.N.).
2. Im vorliegenden Fall war an zwei in der Planung als Zählerraum und Waschküchenraum bezeichneten Räumlichkeiten kein Sondereigentum entstanden, die damit nach wie vor im Gemeinschaftseigentum stehen. Eine Umwandlung in Sondereigentum hätte nach h.M. einer Einigung sämtlicher Eigentümer in der Form der Auflassung und Eintragung in das Grundbuch bedurft ( § 4 Abs. 1 und 2 WEG), woran es hier fehlte. Zwei Aufteilungspläne - bezeichnet als 2. und 3. Fertigung - enthielten hier unterschiedliche Raum- und Zuordnungsbezeichnungen, ohne dass aus der Grundbucheintragung einschließlich der Teilungserklärung ersichtlich war, welcher der beiden Pläne maßgebend sein sollte.
Auf die Frage, ob die beiden Räume ohnehin als dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Eigentümer dienende Räume zwingend im Gemeinschaftseigentum stünden (vgl. § 5 Abs. 2 WEG, BGH, RPfl. 1991, 454; BayObLG, DNotZ 92, 490; aber auch OLG Saarbrücken, ZMR 99, 431) und schon deshalb Sondereigentum an ihnen nicht hätte begründet werden können, brauche nicht eingegangen zu werden.
3. Durch die spätere Unterteilung eines Eigentums durch neuerliche Teilungserklärung war vorliegend auch eine teilweise inhaltlich unzulässige Eintragung entstanden. Wird nämlich bei Unterteilung eines Wohnungseigentums ein in gemeinschaftlichem Eigentum stehender Raum als Sondereigentum ausgewiesen, so entsteht insoweit eine inhaltlich unzulässige Eintragung im Grundbuch. Vorbehaltlich einer Umwandlung in Gemeinschaftseigentum müssen bei der Unterteilung eines Wohnungs- oder Teileigentums im Sondereigentum stehende Räume Sondereigentum bleiben; Entsprechendes gilt für die im Gemeinschaftseigentum stehenden Räume. Wird dagegen verstoßen und ein bisher im Sondereigentum stehender Raum als Gemeinschaftseigentum ausgewiesen oder Gemeinschaftseigentum in das Sondereigentum eines neugebildeten Wohnungseigentums einbezogen, entstehen insoweit inhaltlich unzulässige Eintragungen (wie hier).
Solche inhaltlich unzulässigen Eintragungen sind gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GBOvon Amts wegen zu löschen; aus diesem Grund wurde im Tenor der Entscheidung das Grundbuchamt entsprechend angewiesen, einen entsprechenden Vermerk in den Spalten 7 und 8 des Bestandsverzeichnisses anzubringen. Ohne Bedeutung sei dabei, dass seitens eines Verfahrensbeteiligten die Eintragung eines Amtswiderspruches angestrebt worden sei, wobei der ursprüngliche Antrag des Beteiligten auf "Berichtigung des Grundbuches" gerichtet war.
4. Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten gem. § 13a Abs. 1 FGG erschien dem Senat nicht geboten.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 15.07.1999, 2Z BR 86/99)
Zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung