Leitsatz
Durch das Versehen einer zuverlässigen und auch hinreichend beaufsichtigten Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellten in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten hatte der Antragsteller von einer Entscheidung des FamG, die die im Verbundurteil vom 30.1.1991 getroffene Regelung zum Versorgungsausgleich abänderte, keine Kenntnis erlangt. Erst durch Erhalt des Bescheides, durch den der Versorgungsträger die Versorgung herabsetzte, wurde er auf den Sachverhalt aufmerksam gemacht. Das OLG wies den Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zurück und verwarf die Beschwerde als verspätet, weil ab Zugang des Versorgungsänderungsbescheides die Unkenntnis der Fristversäumung nicht mehr unverschuldet gewesen sei und zwischen diesem Zeitpunkt und der Einreichung des Wiedereinsetzungsantrages mehr als zwei Wochen vergangen waren.
Sachverhalt
Die Ehe der Parteien wurde durch Verbundurteil vom 30.1.1991 rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Der Antragsteller begehrte die Abänderung der damaligen Versorgungsausgleichsentscheidung. Das AG hat daraufhin mit Beschluss vom 20.6.2005 den Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass es zu Lasten der für den Antragsteller bei der Deutschen Post AG bestehenden Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen für die geschiedene Ehefrau Anrechte bei der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz i.H.v. nunmehr 1.146,14 DM begründet hat. Der abändernde Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 27.6.2005 zugestellt und am 29.7.2005 rechtskräftig.
Unter Datum vom 19.9.2005 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und Beschwerde eingelegt. Das OLG hat mit dem angefochtenen Beschluss die Beschwerde unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs als unzulässig verworfen.
Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit der Rechtsbeschwerde.
Entscheidung
Das Rechtsmittel des Antragstellers führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
Die Auffassung des OLG zur Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist halte der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Kenntnis der Versorgungsänderung bedeute noch nicht, dass der Antragsteller Kenntnis von der zugrunde liegenden Entscheidung gehabt habe, weil aus der Sicht des rechtsunkundigen Laien auch andere Gründe für die Änderung der Versorgungshöhe denkbar seien, u.a. ein verwaltungstechnischer Fehler der Behörde.
Der Antragsteller habe nicht notwendig auf einen Fehler im anwaltlichen Bereich schließen müssen. Es sei daher nicht schuldhaft, dass er zunächst beim Versorgungsträger nachgefragt habe und erst danach bei seinem Bevollmächtigten. Erst ab dem Zeitpunkt, als das Versehen mit der Nachfrage bei seinem Prozessbevollmächtigten aufgeklärt worden sei, liege eine zurechenbare Kenntnis von der Fristversäumung vor.
Hinweis
Der verwerfende Beschluss des OLG kann ohne Zulassung durch das OLG mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden, §§ 621e Abs. 3 S. 2, 522 Abs. 1 ZPO.
Der BGH hat in seiner Entscheidung zu Recht ausdrücklich auf die häufig unterschätze Laienperspektive hingewiesen, die maßgeblich ist, wenn es um das persönliche Verschulden der Partei an einer Fristversäumung geht.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 25.10.2006, XII ZB 49/06