Leitsatz
Die auf die Widerklage des Beklagten erstinstanzlich zur Zahlung von Zugewinnausgleich verurteilte Klägerin beantragte am letzten Tag der Berufungsfrist Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens, ohne diesem Antrag eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen. Ihr PKH-Antrag wurde vom OLG zurückgewiesen unter Hinweis darauf, dass die beabsichtigte Berufung bereits unzulässig sei, da die Klägerin innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist ihre persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht dargelegt habe.
Die Klägerin legte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein, begründete diese gleichzeitig und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Der BGH hatte über die hiergegen von der Klägerin eingelegte Rechtsbeschwerde zu entscheiden.
Sachverhalt
Auf die Widerklage des Beklagten war die Klägerin erstinstanzlich zur Zahlung von Zugewinn verurteilt worden, das Urteil wurde ihr am 5.4.2006 zugestellt. Mit einem am 5.5.2006 per Telefax beim OLG eingegangenen Schriftsatz hat sie Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens begehrt. Diesem Antrag war keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Das entsprechende Formular nebst Anlagen ging beim Berufungsgericht erst mit dem Original des Prozesskostenhilfeantrages am 8.5.2006 ein.
Mit Beschluss vom 18.5.2006, der Klägerin formlos übersandt am 23.5.2006, wies das OLG den Prozesskostenhilfeantrag zurück. Die beabsichtigte Berufung sei bereits unzulässig, weil die Klägerin innerhalb der bis zum 5.5.2006 laufenden Rechtsmittelfrist ihre persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht dargelegt habe.
Am 6.6.2006 hat die Klägerin Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt und gleichzeitig begründet. Ferner hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist beantragt.
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat die Klägerin vorgetragen, ihr Anwalt habe den unterschriebenen Antrag auf Prozesskostenhilfe einschließlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie der entsprechenden Anlagen bereits am 5.5.2006 der stets zuverlässigen Kanzleimitarbeiterin M. übergeben. Deren Aufgabe sei es gewesen, den vollständigen Schriftsatz noch am selben Tag mit Anlagen vorab per Fax an das OLG zu übermitteln und sodann in die Post zu geben. Aus unerklärlichen Gründen habe sie den Schriftsatz ohne die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an das OLG gefaxt und dies auch bei der durchgeführten Ausgangskontrolle übersehen. Im Büro ihres Prozessbevollmächtigten bestehe seit Jahren die allgemeine Arbeitsanweisung, dass Schriftsätze, insbesondere bei noch am gleichen Tag ablaufender Notfrist, sofort vollständig nebst Anlagen per Telefax vorab an das Gericht zu übermitteln seien. Die Arbeitsanweisung erstrecke sich zudem darauf, dass Fristen, insbesondere Notfristen, erst nach Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Übersendeprotokolls zu löschen seien. Diese Arbeitsanweisung sei der Kanzleimitarbeiterin M. auch bekannt gewesen. Ihr Vorbringen hat die Klägerin durch eine eidesstattliche Versicherung der Kanzleimitarbeiterin M. glaubhaft gemacht.
Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist mit Beschluss vom 19.6.2006 abgelehnt. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde, die zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung führten.
Entscheidung
Der BGH hielt die Rechtsbeschwerde für statthaft, zulässig und auch begründet.
Eine Entscheidung des BGH sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht die von der Klägerin für eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist vorgetragenen Gründe mit unzutreffenden Erwägungen übergangen und damit deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe. Die Begründung des Beschlusses des OLG, mit dem es die beantragte Wiedereinsetzung abgelehnt habe, treffe zwar im Ansatz zu, könne die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages im vorliegenden Fall jedoch nicht rechtfertigen. Nach Auffassung des OLG habe ein Rechtsanwalt, wenn er Tätigkeiten an sein Personal delegiere, durch allgemeine Anweisungen die Einhaltung von Fristen und die sorgfältige Bearbeitung und Überwachung fristwahrender Maßnahmen sicherzustellen. Bei der Übermittlung mehrseitiger fristwahrender Schriftsätze per Telefax gehörten zu einer ordnungsgemäßen Ausgangskontrolle - neben der Überprüfung des Sendeprotokolls - auch die visuelle Kontrolle des Stapeleinzuges und die Überprüfung der Zahl der übermittelten Seiten. Diese Arbeitsschritte seien jedoch in der glaubhaft gemachten Büroanw...