Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Wiedereinsetzungsantrag wegen versäumter Beschwerdebegründungsfrist stattzugeben ist, der beim falschen Gericht eingereicht worden und von dort an das richtige Gericht weitergeleitet worden ist.

 

Sachverhalt

Die Antragsgegnerin war durch Beschluss des FamG zur Zahlung eines Betrages von ca. 13.000,00 EUR an den Antragsteller verpflichtet worden. Zustellung des Beschlusses an ihre Verfahrensbevollmächtigte erfolgte am 15.3.2010. Mit am 31.3.2010 beim Familiengericht eingegangenen Schriftsatz hat die Antragsgegnerin gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz vom 10.5.2010, der dem FamG vorab per Fax übermittelt worden und dort ausweislich des aufgedruckten Empfangsvermerks am Mittwoch, den 12.5.2010, eingegangen war, erfolgte die Beschwerdebegründung. Das FamG hat die Beschwerdebegründung am 17.5.2010 an das OLG weitergeleitet, wo sie am 18.5.2010 einging.

Nach erfolgtem Hinweis auf die Versäumung der Beschwerdefrist hat die Antragsgegnerin mit am 7.6.2010 eingereichten Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung beantragt, die Beschwerdebegründung sei dem FamG bereits am 10.5.2010 per Fax vorab übermittelt worden, so dass damit habe gerechnet werden können, dass der Schriftsatz bei einem normalen Geschäftsablauf rechtzeitig an das OLG weitergeleitet werde.

Beschwerde und Wiedereinsetzungsantrag blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG hat die Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist als unzulässig verworfen und dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben.

Die Beschwerdebegründung sei nicht rechtzeitig an das zuständige Beschwerdegericht gelangt, weil sie entgegen § 117 Abs. 1 S. 2 FamFG nicht dort eingereicht worden, sondern beim erstinstanzlichen Familiengericht. Die fehlerhafte Einlegung der Beschwerdebegründung habe der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin zu vertreten.

Entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Ansicht sei die Ursächlichkeit des Verschuldens ihres Verfahrensbevollmächtigten für die Fristversäumung auch nicht deshalb zu verneinen, weil das Familiengericht die fehlerhaft adressierte Beschwerdebegründung pflichtwidrig nur verzögert weitergeleitet hätte. Nur wenn der Schriftsatz so zeitig bei dem mit der Sache befassten Gericht eingehe, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden könne, dürfe der Beteiligte darauf vertrauen, dass der Schriftsatz noch rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingehe. Geschehe dies tatsächlich nicht, wirke sich das Verschulden der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten nicht mehr aus, so dass ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei (BGH NJW-RR 2009, 408; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.6.2009 - I - 20 U 24/09; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 233 Rz. 22b; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl., § 233 Rz. 22b).

Im vorliegenden Fall sei die Erwartung, dass die Beschwerdebegründung bei Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang noch rechtzeitig das Beschwerdegericht erreichen werde, nicht gerechtfertigt. Der betreffende Schriftsatz sei am 12.5.2010 um 15.33 Uhr beim Familiengericht eingegangen. Auch bei einem ordentlichen Geschäftsgang sei eine die Beschwerdebegründungsfrist wahrende Weiterleitung des Schriftsatzes nicht zu erwarten gewesen. Im Hinblick auf den Zeitpunkt seines Eingangs am späten Nachmittag sei nicht davon auszugehen gewesen, dass der Schriftsatz noch am selben Tage dem zuständigen Richter vorgelegt und von diesem bearbeitet werde. Am darauf folgenden Tag - dem 13.5.2010 - sei wegen eines Feiertages mit der Bearbeitung des Schriftsatzes nicht zu rechnen gewesen, die erst am 14.5.2010 habe erfolgen können. Dass die Weiterleitung des Faxschreibens jedoch bereits am 14.5.2010 veranlasst und soweit ausgeführt werden würde, dass es am Montag beim OLG eingehen könnte, sei ebenfalls nicht zu erwarten gewesen.

Es könne dahinstehen, ob eine andere Beurteilung geboten wäre, wenn eine besondere Eilbedürftigkeit aus dem fehlgeleiteten Schriftsatz selbst ersichtlich gewesen wäre, da Derartiges sich aus der Beschwerdebegründung nicht ergeben habe.

Danach sei der Antragsgegnerin die beantragte Wiedereinsetzung zu versagen. Die Beschwerde sei damit unzulässig.

 

Link zur Entscheidung

Saarländisches OLG, Beschluss vom 13.07.2010, 6 UF 35/10

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