Leitsatz
Die im Jahre 1988 geschlossene Ehe der Parteien wurde durch Urteil des FamG vom 27.6.2001 geschieden. Anlässlich des Ehescheidungstermins schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach die Ehefrau zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus den anhängigen Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinn sowie zur Abgeltung des geltend gemachten Getrenntlebensunterhalts einen Betrag i.H.v. 30.000,00 DM zu zahlen hatte.
Fünf Jahre nach der Scheidung beanspruchte der Ehemann nachehelichen Unterhalt unter Hinweis auf eine chronische Erkrankung.
Gegenstand des Verfahrens war die Wirksamkeit der im Ehescheidungstermin vor dem AG protokollierten Ehescheidungsfolgenvereinbarung.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1988 geheiratet und sich im Jahre 1997 getrennt. Der Ehemann war am 2.4.1945, die Ehefrau am 19.4.1957 geboren. Die kinderlose Ehe wurde durch Urteil des AG vom 27.6.2001 geschieden.
Der Ehemann hatte sich nach seiner Ausbildung zum Schuhfacharbeiter zum Industriemeister qualifiziert und war von 1987 bis 1990 als Gebäudereiniger tätig. Anfang des Jahres 1990 eröffneten die Eheleute einen Verkaufsstand, den sie bis zum 31.3.1992 betrieben. Der Ehemann war bei seiner Frau angestellt. Im Anschluss daran gründete sie ein Ingenieurbüro, in dem der Ehemann als mithelfender Familienangehöriger tätig war. Die Ehefrau war weiterhin als Diplomingenieurin tätig.
Seit der Trennung der Eheleute war der Ehemann arbeitslos. Ein noch während der Dauer des Zusammenlebens gestellter Rentenantrag wegen Erwerbsunfähigkeit wurde abgelehnt.
Anlässlich des Ehescheidungstermins vor dem AG am 27.6.2001 schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach sich die Ehefrau verpflichtete, an den Ehemann zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus den anhängigen Folgesachen nachehelicher Ehegattenunterhalt und Zugewinn sowie zur Abgeltung des geltend gemachten Getrenntlebensunterhalts einen Betrag von 30.000,00 DM zu zahlen. Ferner verzichtete die Ehefrau auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche aus dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich.
Fünf Jahre nach der Ehescheidung verlangte der Ehemann nachehelichen Unterhalt und machte geltend, er sei chronisch krank. Der anlässlich des Ehescheidungsverfahrens geschlossene Vergleich sei nichtig, da er sich zu Lasten des Sozialhilfeträgers auswirke, er erhalte ALG II. Der Ehemann begehrte im Wege der Stufenklage Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner geschiedenen Ehefrau.
Die von dem Ehemann für die Stufenklage begehrte Prozesskostenhilfe wurde ihm nicht gewährt. Zur Begründung führte das AG aus, ihm stehe ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht zu. Alle von ihm in der Klageschrift aufgeführten Gründe seien bereits zurzeit des Vergleichsabschlusses bekannt gewesen und in den damaligen Rechtsstreit eingeführt worden.
Ein Verzicht sei auch nicht gemäß § 1614 Abs. 1 BGB unwirksam. Im Übrigen habe die geschiedene Ehefrau das Risiko, das der Ehemann nunmehr ALG II-Empfänger sei, fünf Jahre nach der Ehescheidung nicht mehr zu tragen.
Gegen den ablehnenden PKH-Beschluss legte der Ehemann sofortige Beschwerde ein, der das AG nicht abhalf. Auch beim OLG war die sofortige Beschwerde nicht erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG verneinte eine Auskunftsverpflichtung der geschiedenen Ehefrau, da ein Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehemannes im Hinblick auf den anlässlich des Ehescheidungstermins am 27.6.2001 zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich unter keinen Umständen denkbar sei.
Das Gesetz gebe Ehegatten die Möglichkeit, durch während oder vorsorglich schon vor der Ehe getroffene Vereinbarungen für den Fall einer späteren Scheidung den nachehelichen Unterhalt und sonstige versorgungs- und güterrechtliche Angelegenheiten verbindlich zu regeln. Allerdings dürfe die Gestaltung der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werde.
Mit seiner Entscheidung vom 11.2.2004 (FamRZ 2004, 601) habe der BGH seine Rechtsprechung zur inhaltlichen Kontrolle von Eheverträgen grundlegend erweitert und klargestellt, dass die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten unterlägen und es einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten nicht gebe. Es müsse vielmehr im Einzelfall geprüft werden, ob eine von den gesetzlichen Scheidungsfolgen abweichende Vereinbarung zu einer evident einseitigen Lastenverteilung führe, deren Hinnahme für den belasteten Vertragsteil unzumutbar erscheine.
Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung komme regelmäßig nur dann in Betracht, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesamten Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen würden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten gerechtfert...