Leitsatz
Auch bei einem vermieteten Einfamilienhaus mit Garten stellt eine Wohnflächenabweichung einen zur Minderung berechtigenden Mangel dar, wenn die tatsächliche Wohnfläche von der vereinbarten Wohnfläche um mehr als zehn Prozent nach unten abweicht. Eine Anhebung dieses Grenzwerts wegen der mitvermieteten Gartenfläche kommt nicht in Betracht.
Fakten:
Der Mieter einer Doppelhaushälfte samt zugehörigem Grundstück mindert die Miete, weil die tatsächliche Wohnfläche die vertraglich vereinbarte um 12,68 Prozent unterschreite. Der Vermieter verlangt Rückzahlung der geminderten Miete: Bei der Vermietung einer Doppelhaushälfte mit Außenfläche läge erst bei einer Wohnflächenabweichung von mehr als 15 Prozent ein erheblicher Mangel des Mietobjekts vor. Im Übrigen sei auch das Dachgeschoss als Wohnraum sowie die Terrassenfläche zu berücksichtigen. Es sei also über die Wohnräume hinausgehend eine Grundstücksfläche Teil der Mietkalkulation geworden mit der Folge, dass das vom BGH entwickelte Kriterium für die Erheblichkeit der Flächenabweichung von mehr als zehn Prozent nicht ohne Weiteres übertragbar sei. Der BGH gibt dem Mieter recht: Soweit die Parteien den Begriff "Wohnfläche" nicht festgelegt haben oder eine andere Berechnungsmethode ortsüblich oder nach der Art der Wohnung üblich ist, ist davon auszugehen, dass sich die Parteien stillschweigend darauf geeinigt haben, dass die Vorschriften der Wohnflächenverordnung beziehungsweise der §§ 42 bis 44 II. BV anzuwenden sind. Anders als das Berufungsgericht geht der BGH davon aus, dass ein zur Mietminderung berechtigender Mangel auch bei einer Doppelhaushälfte mit zusätzlicher Gartennutzung bei einer Wohnflächenabweichung von zehn Prozent anzunehmen ist. Hinsichtlich der Dachgeschossfläche sind gemäß des hier geltenden § 44 Abs. 1 Nr. 2 II. BV Raumteile zwischen 1,5 und zwei Meter nur zur Hälfte anzusetzen. Hinsichtlich der Anrechnung der Terrassenfläche gilt, dass nach § 44 Abs. 2 II. BV Grundflächen von gedeckten Freisitzen bis zur Hälfte auf die Wohnfläche angerechnet werden. Eine Terrasse erfüllt diese Anforderungen, wenn sie über einen Sichtschutz verfügt. Eine Überdeckung oder Überdachung ist dagegen nicht erforderlich, denn mit "gedeckt" ist keine Überdeckung oder Abdeckung, sondern lediglich ein Schutz gegen die Einsichtnahme gemeint, etwa durch Umfassungswände, Sichtblenden oder Bepflanzung, wobei der Sichtschutz nicht vollständig zu sein braucht.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 28.10.2009, VIII ZR 164/08BGH, Urteil vom 28.10.2009 – VIII ZR 164/08
Fazit:
In aller Regel haben die Mietvertragsparteien nicht definiert, wie die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche zu berechnen ist. Deren Berechnung richtet sich dann nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags. Bei Mietverträgen, die vor Inkrafttreten der Wohnflächenverordnung 2004 abgeschlossen wurden, ist auf die Vorschriften der zweiten Berechnungsverordnung abzustellen. Für Wohnflächenabweichungen hält der BGH aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtssicherheit an der Zehn-Prozent-Grenze fest, unabhängig davon, ob es sich um Mietraum einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus oder in einem Einfamilienhaus wie etwa einer Doppelhaushälfte mit Gartenfläche handelt.