Leitsatz
Auf eine in der Teilungserklärung enthaltene Beschränkung der Vertretung eines Wohnungseigentümers nur durch Ehegatten, den Verwalter oder einen anderen Wohnungseigentümer kann sich die Wohnungseigentümergemeinschaft nach Treu und Glauben nicht berufen, wenn der Ehegatte zur Vertretung aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, der Wohnungseigentümer mit den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft völlig zerstritten und erst unmittelbar vor der Versammlung ein neuer Verwalter bestellt worden ist, den der - verhinderte - Eigentümer (noch) nicht kennt.
Sachverhalt
Die Verwalterin lud zur Eigentümerversammlung, einer der Wohnungseigentümer war zum vorgesehenen Termin verhindert und beauftragte einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung in der Versammlung. Die anwesenden Wohnungseigentümer schlossen den Anwalt jedoch einstimmig von der Teilnahme an der Versammlung aus und stützten sich dabei auf eine Bestimmung in der Teilungserklärung, wonach sich ein Wohnungseigentümer nur durch den Verwalter, seinen Ehegatten oder einen anderen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft vertreten lassen kann.
Der Wohnungseigentümer ficht nun sämtliche auf der Versammlung gefaßten Beschlüsse mit der Begründung an, aufgrund schwerer Unfälle seien weder er noch seine Gattin in der Lage gewesen, an der Versammlung teilzunehmen, eine Vertretung durch ein anderes Mitglied der Eigentümergemeinschaft sei aufgrund massiver Spannungen nicht in Frage gekommen, der amtierende Verwalter sei erst seit zwei Wochen im Amt.
Entscheidung
Die in der Eigentümerversammlung gefaßten Beschlüsse wurden seitens des Gerichts tatsächlich für ungültig erklärt, denn der Rechtsanwalt wurde zu Unrecht von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen.
Eines aber vorweg: Die in der Teilungserklärung enthaltene Beschränkung der Vertretung nur durch Ehegatten, den Verwalter oder einen anderen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft ist grundsätzlich zulässig. Im Einzelfall jedoch, sind aufgrund besonderer Umstände nach Treu und Glauben Ausnahmen von dieser Regelung zuzulassen.
Und die Voraussetzungen für eine derartige Ausnahme lagen hier vor. Die Ehefrau war aufgrund ihrer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung zu einer Teilnahme an der Versammlung nicht in der Lage. Von größerer Bedeutung ist hier aber die Begründung des Gerichts, warum auch eine Vertretung durch den Verwalter oder ein anderes Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht in Frage kam. Hinsichtlich der übrigen Wohnungseigentümer sahen es auch die Richter als unzumutbar an, wegen der bestehenden erheblichen Spannungen, von einem der anderen Wohnungseigentümer vertreten zu werden. Und in diesem Zusammenhang ist es rechtlich und tatsächlich unerheblich, ob diese Spannungen allein oder aber überwiegend durch das Verhalten des verhinderten Wohnungseigentümers begründet sind. Die alleinige Tatsache der Zerstrittenheit machte eine Vertretung des Wohnungseigentümers durch einen anderen Wohnungseigentümer unzumutbar.
Im Hinblick auf den Verwalter mußte berücksichtigt werden, daß dieser erst äußerst kurze Zeit aufgrund der Amtsniederlegung des früheren langjährigen Verwalters im Amt war. Hinsichtlich der Vertretung des Wohnungseigentümers ist dabei auch immer zu berücksichtigen, daß er sich von einer ihm vertrauten Person vertreten lassen kann und nicht gezwungen ist, eine dritte Person, die ihm völlig fremd ist, mit seiner Vertretung zu beauftragen. Die Richter wiesen dabei abschließend darauf hin, daß eine Vertretung durch den Verwalter in künftigen Eigentümerversammlungen jedoch dann zumutbar ist, wenn nicht weitere besondere Umstände hinzutreten, die zu einer Unzumutbarkeit führen.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.1998, 3 Wx 332/98
Fazit:
Dieser Fall ist dem der Einberufungsmängel vergleichbar. Hier wie dort ist hinsichtlich der Gültigkeit der auf der Versammlung gefaßten Beschlüsse zu prüfen, ob diese nicht auch gefaßt worden wären, wenn der verhinderte Wohnungseigentümer bzw. seine ausgeschlossene Vertretung an der Beschlußfassung teilgenommen hätte. Würde dies feststehen, so behielten die Eigentümerbeschlüsse trotz des unberechtigten Ausschlusses weiterhin Gültigkeit. Im Rahmen dieser Prüfung darf letztlich jedoch nur dann davon ausgegangen werden, die Beschlüsse seien auch bei Teilnahme dieser Personen gefaßt worden, wenn kein vernünftiger Zweifel in Betracht käme, daß die Stimmabgabe das Beschlußergebnis weder hätte beeinflussen, noch daß dieses im Ergebnis hätte anders lauten können.