Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 3 WEG, § 8 WEG
Kommentar
Die Grundbucheintragung der Teilungserklärung nach § 8 WEG oder der Teilungsvereinbarung nach § 3 WEG vor Errichtung des Gebäudes ist inhaltlich zulässig auch dann, wenn schon in diesem Zeitpunkt nach öffentlichem Recht ein Bauverbot für das Grundstück besteht.
Die Begründung von Wohnungseigentum ist ein sachenrechtlicher Akt, dessen inhaltliche Zulässigkeit nur davon abhängt, ob er den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes entspricht; dabei kann durch Teilungsvertrag oder Teilungserklärung schon vor Errichtung eines Gebäudes Wohnungseigentum gebildet werden; insoweit existiert tatsächlich nur ein Miteigentumsanteil am Grundstück. Anteilseigentümer haben hier bereits eine gesicherte Rechtsposition (eine "Anwartschaft" auf Erlangung von Sondereigentum und Miteigentum an gemeinschaftlichen Grundstücks- und Gebäudeteilen). Wird das Gebäude - gleich aus welchen Gründen - nicht erstellt, bleibt Wohnungseigentum auf Dauer in dem Zustand wirksam, in dem es sich bei Grundbucheintragung befand, also der Substanz nach nur in Form eines Miteigentumsanteils am Grundstück (Weitnauer, § 3 Rdn. 11 a. E.).
Das Abgeschlossenheitsbescheinigungserfordernis ändert an dieser Rechtslage nichts. Dadurch soll nach der Begründung zum WEG lediglich gewährleistet sein, dass jeder Sondereigentumsbereich von demjenigen der anderen Eigentümer eindeutig abgegrenzt ist. Einen Nachweis auch darüber, dass die Errichtung eines Gebäudes mit den dem Aufteilungsplan entsprechenden Wohnungen bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig ist, verlangt das Gesetz nicht. Ob insoweit eine Baubehörde nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift von 1974 bei einem noch zu errichtenden Gebäude die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung versagen könnte, wenn die Errichtung baurechtlich unzulässig ist, kann dahinstehen (in diesem Sinne wohl Trendel, Baurecht 1984, 215, 220; a. M. Bielenberg, ZfBR 1982, 7, 9).
Vorliegend war die Bescheinigung erteilt und dem Grundbuchamt vorgelegt, was für die Eintragung mangels Widerspruch zum Aufteilungsplan genügte. Überdies ist das Erfordernis der Abgeschlossenheit gemäß § 3 Abs. 2 WEG nur eine Sollvorschrift, sodass die Wirksamkeit des Wohnungseigentums nach dessen Eintragung nicht unter Berufung auf diese Vorschrift und somit auch nicht wegen eines Mangels der baubehördlichen Prüfung in Zweifel gezogen werden kann. Ob ein Veräußerer die Entstehung von Sondereigentum zu gewährleisten hat, ist ausschließlich eine Frage der schuldrechtlichen Vertragsgestaltung.
Link zur Entscheidung
( BGH, Urteil vom 22.12.1989, V ZR 339/87= WE 2/90, 55)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung