1 Leitsatz
Die Nichtvorlage des Mietvertrags ist kein wichtiger Grund zur Verweigerung der nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer erforderlichen Zustimmung zur Vermietung (und zur Veräußerung) einer Eigentumswohnung.
2 Normenkette
§§ 10 Abs. 1 Satz 2, 12 Abs. 2, 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG
3 Das Problem
Nach der Gemeinschaftsordnung bedarf die Vermietung einer Wohnung der schriftlichen Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer, die nur aus wichtigem Grund versagt werden darf. Wohnungseigentümer K übermittelt Wohnungseigentümer B, dem einzigen weiteren Wohnungseigentümer, vor diesem Hintergrund die Daten einer Familie S mit 4 Kindern im Alter von 2, 4, 6 und 8 Jahren, der er seine 3,5-Zimmer Wohnung vermieten will. B stimmt dieser Vermietung nicht zu. K klagt gegen B auf Zustimmung. Zugleich überlässt er der Familie S die Wohnung unentgeltlich. Nach dem Auszug der Familie beantragt K unter Änderung seines Antrags die Feststellung, dass B verpflichtet war, zuzustimmen. Das AG gibt der Klage statt. Auf die Berufung weist das LG die Klage zurück. Dieses hält die Feststellungsklage für unzulässig. Die Klage sei zudem unbegründet. Es habe ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung vorgelegen. K habe weder den Mietvertragsentwurf vorgelegt noch die beabsichtigte Vermietung ihrem Inhalt nach näher beschrieben. Mit der Revision verfolgt K in erster Linie seinen Feststellungsantrag weiter.
4 Die Entscheidung
Mit einem Zwischenerfolg! Das LG habe weder auf seine Absicht hingewiesen, die Klage als unzulässig anzusehen, noch sei sie unzulässig. Im Übrigen sei die Klage nach den bisherigen Feststellungen auch nicht unbegründet. Das aus § 13 Abs. 1 WEG folgende Recht, eine Wohnung zu vermieten, könne allerdings mit einem Zustimmungsvorbehalt eingeschränkt werden. Der an einer Vermietung interessierte Wohnungseigentümer habe dann auch ohne eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung in entsprechender Anwendung von § 12 Abs. 2 WEG einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung, wenn diese nach der Vereinbarung nur aus wichtigem Grund versagt werden darf. In der Gemeinschaftsordnung sei daher auch ausdrücklich, klar und eindeutig bestimmt, dass die Zustimmung zur Vermietung nur aus wichtigem Grund verweigert werden dürfe. Die Nichtvorlage des Mietvertrags sei aber kein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung. Der Wohnungseigentümer, der vermieten wolle, müsse nur Informationen und Unterlagen zu Namen, Beruf, Familienstand, Wohnanschrift des Mietinteressenten und zur Zahl der Personen, die mit ihm einziehen sollen, vorlegen. Aus dem Mietvertrag könnten sich zwar in besonderen Ausnahmefällen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Mietbewerber die Regeln der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht einhalten wolle. Selbst rechtlich oder tatsächlich unzutreffende Angaben im Vertrag ergäben aber in aller Regel keine belastbaren objektiven Anhaltspunkte dafür, dass sich der Mieter seinen Verpflichtungen entziehen wolle. Auf den Inhalt des vorgesehenen Mietvertrags komme es aber auch deswegen nicht an, weil sich der vermietende Wohnungseigentümer seinen Verpflichtungen als Wohnungseigentümer nicht dadurch entziehen könne, dass er mit seinem Mieter Rechte vereinbare, die über seine eigenen Befugnisse als Wohnungseigentümer hinausgingen. Er bleibe vielmehr ungeachtet des Inhalts des Mietvertrags verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sein Mieter die ihm selbst als Wohnungseigentümer zustehenden Befugnisse zur Nutzung von Sonder- und gemeinschaftlichem Eigentum nicht überschreitet. Geschiehe dies dennoch, sei er verpflichtet, dies abzustellen (BGH, Urteil v. 8.5.2015, V ZR 178/14, NJW-RR 2015 S. 781 Rn. 5). Daran ändere es nichts, wenn er dem Mieter Rechte eingeräumt habe, die über seine eigenen Befugnisse als Wohnungseigentümer hinausgingen. Er könne sich von dem Vertrag zwar nicht etwa durch Kündigung lösen (BGH, Urteil v. 29.11.1995, XII ZR 230/94, NJW 1996 S. 714, 715). Von seiner Verpflichtung, für eine zulässige Nutzung des Sonder- und des Gemeinschaftseigentums durch den Mieter zu sorgen, werde er aber nur unter den Voraussetzungen von § 275 Abs. 1 und 2 BGB und damit nur frei, wenn er seinen Mieter auch mit zumutbaren Maßnahmen, wie etwa einer Abstandszahlung, nicht zu der Einhaltung der wohnungseigentumsrechtlichen Pflichten bewegen könne (BGH, Urteil v. 19.1.2018, V ZR 273/16, ZNotP 2018 S. 99 Rn. 26). Überdies stehe den übrigen Wohnungseigentümern bei einer der Zweckbestimmung widersprechenden Nutzung ein direkter Anspruch gegen den Drittnutzer auf Unterlassung gem. § 1004 Abs. 1 BGB zu (BGH, Urteil v. 25.10.2019, V ZR 271/18, BGHZ 223 S. 305 Rz. 11).
Hinweis
- Nach verbreiteter Ansicht darf ein Wohnungseigentümer die Erteilung seiner erforderlichen Zustimmung zur Veräußerung oder Vermietung von Wohnungseigentum davon abhängig machen, dass ihm Informationen über den vorgesehenen Erwerber oder Mieter zugänglich gemacht werden. Der BGH stimmt dem in Bezug auf Informationen oder Unterlagen zu, die bei objektiver Betrachtung für die Prüfung erforderlich sind, ob der ...