Leitsatz
Weist ein Verfahren nach § 43 WEG nur geringen Bezug zu dem Sachgebiet des Wohnungseigentumsrechts auf und liegt der Schwerpunkt bei den familienrechtlichen Bezügen, ist eine Familiensache anzunehmen. Dies gilt auch in Zweifelsfällen immer dann, wenn das Verfahren durch familienrechtliche Verhältnisse nicht unwesentlich mitgeprägt wird. Maßgeblich für die Zuordnung ist nicht der Gegenstand der Zuwendung oder der Gegenstand der Gesellschaft, sondern der Grund der Zuwendung oder das Vorhandensein einer Ehegatteninnengesellschaft.
Normenkette
§§ 17a Abs. 3, Abs. 6 GVG; § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG; § 43 WEG
Das Problem
- E und F sind verheiratet. E ist Alleineigentümer eines Grundstücks. Am 8. Juni 2000 teilt er dieses in 2 Miteigentumsanteile: ein Teileigentum zum Betrieb einer Praxis und ein Wohnungseigentum. Das Teileigentum veräußert er F.
- F klagt gegen E nach Scheitern der Ehe beim Familiengericht 60.000 EUR ein. Sie behauptet, sie habe in das "Gebäude" rund 300.000 EUR investiert. Ihr Miteigentumsanteil habe jedoch nur einen Verkehrswert von 240.000 EUR. In Höhe von 60.000 EUR handle es sich damit um eine "ehebedingte Zuwendung" an E, die sie jetzt zurückfordern könne. Die Geschäftsgrundlage für diese Zuwendung sei mit dem Scheitern der Ehe entfallen. Der Anspruch ergebe sich auch aus den Grundsätzen der Ehegatten-innengesellschaft und des Gesamtschuldnerausgleichs. E wendet ein, das angerufene Familiengericht sei örtlich nicht zuständig. Mögliche Ausgleichspflichten seien nach dem Wohnungseigentumsgesetz abzuwickeln. Die Aufwendungen hätten nicht der Erfüllung und Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern allein der Eigentümergemeinschaft gedient. Die behaupteten Mehraufwendungen seien keine Zuwendung an den Antragsgegner.
- Das Familiengericht erklärt sich für funktionell unzuständig erklärt und verweist Verfahren an das örtlich für WEG-Sachen zuständige Amtsgericht. Soweit F einen Ausgleich für Baukosten verlange, handle es sich um einen Streit zwischen Wohnungseigentümern über die Verteilung von Baukosten und damit unabhängig von der Anspruchsgrundlage um eine Wohnungseigentumssache. Dagegen richtet sich F's Beschwerde.
Entscheidung
- Mit Erfolg! Zuständig sei das Familiengericht. Es handle sich um eine sonstige Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.
- Zwar liege keine sonstige Familiensache vor, wenn das Verfahren das Wohnungseigentumsrecht betreffen würde. So sei es aber nicht. Das Verfahren würde das Wohnungseigentumsrecht betreffen, wenn sich ehemals miteinander verheiratete Personen als Beteiligte einer Streitigkeit im Sinne des § 43 WEG gegenüberstünden. Habe ein solches Verfahren allerdings nur einen geringen Bezug zu dem Sachgebiet des Wohnungseigentumsrechts und liege der Schwerpunkt bei den familienrechtlichen Bezügen, liege keine dem Familiengericht vorgehende Sonderzuständigkeit vor; das gelte auch in Zweifelsfällen. Immer, wenn das Verfahren durch familienrechtliche Verhältnisse nicht unwesentlich mitgeprägt sei, solle das Familiengericht zuständig sein. Nicht unwesentlich mitgeprägt werde ein Verfahren durch familienrechtliche Verhältnisse, wenn ehemals miteinander verheiratete Personen über die Rückgewähr einer behaupteten ehebedingten Zuwendung oder über Rechte und Pflichten aus einer behaupteten Ehegatteninnengesellschaft stritten. Maßgeblich für diese Zuordnung sei der Grund der Zuwendung oder das Vorhandensein einer Ehegatteninnengesellschaft.
- Ausgehend von diesen Maßstäben sei der von der F beschrittene Rechtsweg zulässig. Das Verfahren habe allenfalls einen geringen Bezug zum Sachgebiet des Wohnungseigentumsrechts. Sein Schwerpunkt liege bei den familienrechtlichen Bezügen, die das Verfahren prägten. Dessen Kern sei das Vorbringen, für eine ehebedingte Zuwendung an E sei die Grundlage mit dem Scheitern der Ehe entfallen. Die Zuwendung sei erfolgt zur finanziellen Absicherung der Familie im Alter und in der Annahme, sie bleibe mit E ein Leben lang verheiratet und zusammen. Nur deshalb sei es F bei Errichtung des Gebäudes nicht auf die genaue Verteilung der Kosten angekommen. Zur Beurteilung der Richtigkeit dieser Ansicht bedürfe es spezifisch familienrechtlicher Kenntnisse. Die Frage, ob es die von F behauptete Zuwendung überhaupt und in dem von ihr behaupteten Umfang gegeben habe, liege im Tatsächlichen und kann von dem angerufenen Familiengericht ebenso gut beantwortet werden, wie von einem anderen Gericht.
Kommentar
Anmerkung:
Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die Ansprüche zwischen ehemals miteinander verheirateten Personen im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung der Ehe betreffen. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Zwar handelte es sich zweifellos auch um ein WEG-Verfahren. Soweit der Senat daher in einer Nebenbemerkung anführt, die Streitigkeit betreffe nicht das Wohnungseigentumsrecht, sondern lediglich das Wohnungseigentum als Gegenstand einer behaupteten ehebedingten Zuwendung, kann dem nicht gefolgt werden. Überzeugend ist aber, dass in der Kollis...