Alexander C. Blankenstein
2.2.1 Personenkreis
Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat nach § 15 Nr. 1 WEG gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern u. a. die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu dulden. Da nach öffentlichem Recht erforderliche Baumaßnahmen Erhaltungsmaßnahmen i. S. v. § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG darstellen, besteht also eine generelle Duldungspflicht des Drittnutzers. Zu dulden sind nach § 15 Nr. 2 WEG aber auch über die Erhaltung hinausgehende Maßnahmen, also solche der baulichen Veränderung.
Zum Kreis der Drittnutzer gehören
- Mieter,
- dinglich Wohnungsberechtigte,
- Nießbraucher und
- alle sonstigen Nutzer, denen das Wohnungseigentum überlassen wurde.
Keine Beschränkung nur auf Wohnungseigentum
§ 15 WEG stellt auf den Nutzer von Wohnungseigentum ab. Insoweit ist die Bestimmung ihrem Wortlaut nach aber nicht nur beschränkt auf den Mieter von Wohnraum, sondern bezieht sich über § 1 Abs. 6 WEG auch auf Nutzer von Teileigentum, also etwa den Geschäftsraummieter. Wie nämlich vorerwähnte Bestimmung zum Ausdruck bringt, gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend für das Teileigentum.
Duldungspflicht "anderen" gegenüber
Die Duldungspflicht besteht nicht gegenüber dem Wohnungseigentümer, von dem der Drittnutzer sein Gebrauchsrecht ableitet.
Vermietete Eigentumswohnung
Der vermietende Wohnungseigentümer möchte in der an den Mieter vermieteten Wohnung bestimmte Erhaltungsmaßnahmen durchführen. Hier ist nicht § 15 WEG einschlägig, da über den Mietvertrag bereits die Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter nach §§ 555a ff. BGB bei Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen gelten.
Entsprechendes würde auch beim Nießbrauch nach § 1044 BGB gelten. Im Verhältnis zwischen überlassendem Wohnungseigentümer und Drittnutzer hat § 15 WEG nämlich nicht die Funktion, die Rechte des überlassenden Wohnungseigentümers aus dem Rechtsverhältnis zu modifizieren, das der Überlassung zugrunde liegt. Dies ist auch nicht erforderlich, weil der überlassende Wohnungseigentümer auf die Gestaltung dieses Rechtsverhältnisses Einfluss nehmen kann.
2.2.2 Ankündigungspflicht
Die Ankündigungspflicht trifft denjenigen, der eine Maßnahme durchführen will. Sie kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer treffen, dann hat der Verwalter den betroffenen Drittnutzer zu informieren. Sie kann aber auch einen oder einzelne Wohnungseigentümer treffen, wenn etwa zur Erhaltung seines Sondereigentums ggf. ein Betreten der vom Dritten genutzten Räumlichkeiten erforderlich ist. Allerdings dürfte im Bereich der energetischen Vorgabenerfüllung des GEG in aller Regel die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Ankündigungspflicht treffen.
Neben der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat aber auch der betreffende Wohnungseigentümer insbesondere bei einem bestehenden Mietverhältnis die entsprechende Maßnahme seinem Mieter gegenüber anzukündigen. Allerdings erfüllt er hiermit eine ihm obliegende Pflicht, die nicht die Pflicht der Gemeinschaft ersetzt, die Maßnahme ebenso ankündigen zu müssen. Zwar kann der Verwalter den vermietenden Wohnungseigentümer bevollmächtigen, für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Ankündigung zu erklären. Auf der sicheren Seite ist die Gemeinschaft aber nur dann, wenn die Bevollmächtigung schriftlich erfolgt.
2.2.3 Was muss geduldet werden?
2.2.3.1 Erhaltungsmaßnahmen
Gemäß § 15 Nr. 1 WEG ist der Drittnutzer zunächst verpflichtet, Erhaltungsmaßnahmen zu dulden. Voraussetzung ist die rechtzeitige Ankündigung entsprechend § 555a Abs. 2 BGB. Bezüglich des Merkmals der Rechtzeitigkeit sind die zu erwartenden Beeinträchtigungen des Nutzers, die Dringlichkeit der Maßnahme und der Maßnahmenumfang abzuwägen. Von etwaigen Ansprüchen eines Drittnutzers gegen den das Nutzungsverhältnis vermittelnden Wohnungseigentümer hat diesen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsprechend § 14 Abs. 3 WEG freizustellen.
Voraussetzung der Duldungspflicht des Drittnutzers ist, dass ihm die Erhaltungsmaßnahme rechtzeitig angekündigt wurde. Insoweit verweist § 15 Nr. 1 WEG auf die mietrechtliche Bestimmung des § 555a Abs. 2 BGB. Aus vorerwähnter Bestimmung folgt auch, dass eine Ankündigung der Maßnahme dann entbehrlich ist, wenn
- die Maßnahme nur mit einer unerheblichen Einwirkung verbunden oder
- ihre sofortige Durchführung zwingend erforderlich ist.
Soweit eine Ankündigung erforderlich ist, ist sie Fälligkeitsvoraussetzung des Duldungsanspruchs. Ist also eine Ankündigung erforderlich, aber nicht erfolgt, kann der Drittnutzer das Betreten der Wohnung verweigern.
Ankündigung nicht erforderlich
Ob die Einwirkungen einer Erhaltungsmaßnahme unerheblich oder erheblich sind, richtet sich stets nach den Maßgaben des konkreten Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind in erster Linie die voraussichtliche Dauer der Maßnahme und ihr voraussichtlicher Umfang. Sind die Mieträume selbst betroffen, ist eine Maßnahme regelmäßig dann erheblich, wenn sie sich über mehrere Stunden hinzieht und das Gebrauchs...