Wird Ehegattenunterhalt gezahlt, ist vor der Berechnung der Haftungsanteile (Soyka FK 2012, 21)

  • beim unterhaltspflichtigen Ehegatten der von ihm geleistete (vorrangige) Ehegattenunterhalt in Abzug zu bringen;
  • beim unterhaltsberechtigten Ehegatten der erhaltene Ehegattenunterhalt seinem Einkommen hinzuzurechnen.

Auf der Ebene der Leistungsfähigkeit besteht kein unterhaltsrechtlicher Vorrang des volljährigen Kindes, dessen Anspruch lediglich den Rang nach § 1609 Nr. 4 BGB beanspruchen kann.

Bedeutung hat jedoch der Unterhalt des volljährigen Kindes bereits auf der Bedarfsebene, da er bereits die maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnisse der Ehefrau bestimmt hat. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse i.S.v. § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (BGH, Urt. v. 7.12.2011– XII ZR 151/09, BGHZ 192, 45 = NJW 2012, 384 im Anschluss an BVerfG, Beschl. v. 25.1.2011 – 1 BvR 918/10, FamRZ 2011, 437). Da die Unterhaltspflicht gegenüber dem volljährigen Kind auch bei Fortbestand der Ehe eingetreten wäre, hat diese Verpflichtung auch die ehelichen Lebensverhältnisse bestimmt.

Dies gilt einmal, wenn das Kind bereits während der Ehe aufgrund seiner Ausbildung bzw. seines Studiums als "Kostenfaktor" die ehelichen Lebensverhältnisse bestimmt hat. Dies wird aber auch entsprechend gehandhabt, wenn während der Zeit des Zusammenlebens der Eheleute das Kind noch nicht studiert hat, aber die später begonnene Ausbildung bzw. das Studium des Kindes auf gemeinsamer Planung und gemeinsamem Entschluss der Eltern beruhte. Damit bestimmt der (nachrangige) Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes die ehelichen Lebensverhältnisse und verringert somit auch den Unterhaltsbedarf der Ehefrau (BGH FamRZ 2009, 762; Schürmann FamRZ 2008, 313, 319).

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