Neben den Zulässigkeitsvoraussetzungen, die für alle Rechtsschutzformen der VwGO gelten (vgl. dazu etwa Schmitt-Glaeser/Horn, Verwaltungsprozessrecht, 15. Aufl. 2000, Rn 31), müssen im Eilverfahren nach § 123 VwGO die nachfolgenden speziellen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sein:
1. Streitiges Verhältnis zur Verwaltung
Mit einem Eilantrag nach § 123 VwGO darf sich ein Rechtsschutzsuchender nur dann an das Verwaltungsgericht wenden, wenn er sein Rechtsschutzbegehren zuvor außerhalb des gerichtlichen Verfahrens an die Verwaltung gerichtet hat (VGH Mannheim VBlBW 2001, 228). Ansonsten fehlt es an einem Streitgegenstand als Bezugspunkt für eine Sicherungsanordnung bzw. an einem Rechtsverhältnis als Objekt einer Regelungsanordnung.
Hinweis:
Der beim Gericht gestellte Anordnungsantrag begründet oder ersetzt die notwendige Rechtsbeziehung zur Verwaltung wegen seines anders gearteten Erklärungsinhalts nicht (VGH Mannheim DVBl. 1969, 1197, 1199; OVG Lüneburg NVwZ 1983, 106; OVG Saarlouis NVwZ-RR 1992, 247, 248). Dies wird, wie die gerichtliche Erfahrung zeigt, insbesondere in Sozialhilfesachen gelegentlich übersehen.
Im Fall der Regelungsanordnung muss der Antragsteller grundsätzlich die Bescheidung seines Antrags durch die Behörde abwarten. Erst dann und im Falle der Ablehnung wird das Rechtsverhältnis streitig. Ein zuvor gestellter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn das Antragsbegehren unaufschiebbar ist, die Bearbeitung durch die Verwaltung unangemessen lange dauert oder die Behörde von vornherein unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, dass sie den Antrag ablehnen werde (OVG Bautzen SächsVBl. 1994, 113, 114; OVG Lüneburg a.a.O.; VGH München NVwZ 1997, 923).
2. Vorwegnahme der Hauptsache
Ein zentrales Thema der Zulässigkeitsprüfung ist die Zulässigkeit eines Eilantrags, mit dem die Entscheidung im Hauptsachverfahren vorweggenommen werden soll (OVG Hamburg DVBl. 1987, 316, 317; VGH Kassel NVwZ 1989, 1183, 1184; VGH Mannheim VBlBW 1995, 14 f.; OVG Schleswig NJW 1997, 2536; a.A. OVG Greifswald NVwZ-RR 1994, 334; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn 109 – Frage der Begründetheit).
a) Begriff der Vorwegnahme
Ein Antrag ist auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, wenn das Rechtsschutzziel des Anordnungsverfahrens mit dem des Klageverfahrens übereinstimmt (BVerwGE 63, 110, 111; VGH Kassel a.a.O.). Ob das der Fall ist, lässt sich durch einen Vergleich der in beiden Verfahren gestellten Sachanträge ermitteln (OVG Koblenz AS 20, 11, 12).
Decken sich Anordnungs- und Klageantrag und steht die erlassene Regelung nicht unter dem Vorbehalt des Ausgangs des Klageverfahrens, d.h. wird dem Antragsteller die im Klageverfahren begehrte Rechtsposition bereits im Anordnungsverfahren uneingeschränkt und unentziehbar eingeräumt, wird die Hauptsache endgültig vorweggenommen (OVG Bremen DÖV 1991, 512; OVG Münster NVwZ-RR 1996, 169, 170). Dies gilt vor allem für solche Regelungen, die wie die Abhaltung von Wahlen (VGH Mannheim DVBl. 1984, 276) oder die Neubewertung von Prüfungsleistungen (OVG Münster NVwZ-RR 1995, 329) kraft Natur der Sache nur endgültig getroffen werden können. Eine endgültige Vorwegnahme liegt weiterhin vor, wenn die erstrebte Anordnung vollzogen werden soll, bevor es zu einer Entscheidung in der Hauptsache kommt, und sich die Vollzugsfolgen rechtlich nicht mehr rückgängig machen lassen (VGH Kassel ESVGH 42, 220 f.). So verhält es sich z.B. bei einer Erlaubniserteilung für eine Veranstaltung (VGH Mannheim NVwZ-RR 1992, 57).
Dagegen handelt es sich nicht um einen Fall der endgültigen, sondern der vorläufigen Vorwegnahme, wenn der Vollzug der erlassenen Anordnung lediglich praktisch vollendete Tatsachen schafft. So kann z.B. zu Unrecht geleistete Sozialhilfe gem. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 945 ZPO als Schadensersatz zurückgefordert werden (VGH Kassel NVwZ-RR 1993, 145, 146). Die Durchsetzung des Anspruchs wird aber generell daran scheitern, dass der Sozialhilfeempfänger die Leistungen bestimmungsgemäß verbraucht hat und über keine sonstigen Vermögenswerte verfügt.
Bei der vorläufigen Vorwegnahme der Hauptsache sind Antrags- und Klageziel ebenfalls identisch, die erlassene Regelung steht aber unter der auflösenden Bedingung des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens. Dem Antragsteller wird die begehrte Rechtsposition nur für die Dauer des Hauptsacheverfahrens, also auf Zeit, eingeräumt. Bis zur Entscheidung in der Hauptsache wird er so gestellt, als habe er mit der Klage bereits Erfolg gehabt. So nimmt der vorläufig versetzte Schüler mit den gleichen Rechten und Pflichten wie seine Mitschüler am Unterricht der nächst höheren Klasse teil, der vorläufig zugelassene Studienbewerber ist rechtlich einem Studenten gleichgestellt (VGH Mannheim DVBl. 1993, 508). Obsiegt der Antragsteller in der Hauptsache, geht die vorläufige Berechtigung in eine endgültige über, unterliegt er in der Hauptsache, erlischt sie und die erlangten Rechtsvorteile können rückgängig gemacht werden (OVG Hamburg a.a.O.). Der vorläufig versetzte Schüler muss in seine bisherige Klasse zurückkehr...