Nach §§ 796a, 796b ZPO kann ein unter Mitwirkung der Anwälte außergerichtlich geschlossener Vergleich durch das Prozessgericht für vollstreckbar erklärt werden. Die Praxis macht von dieser Möglichkeit allerdings kaum Gebrauch.
Die Anwaltsvergütung im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Anwaltsvergleichs bestimmt sich nicht nach Nr. 3309 VV RVG, weil das Verfahren nach § 796b ZPO kein Verfahren der Zwangsvollstreckung ist. Vielmehr soll erst ein Vollstreckungstitel geschaffen werden. Die Anwaltsgebühren berechnen sich deshalb so wie im Zivilprozess (OLG München AGS 2009, 574 = MDR 2009, 1251 = JurBüro 2009, 595 = FamRZ 2009, 2112 = RVGreport 2009, 461; LG Kassel, Beschl. v. 7.10.2008 – 3 T 585/08), also nach den Nr. 3100 ff. VV RVG.
Der Gegenstandswert für das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Anwaltsvergleichs nach § 796a ZPO bemisst sich nicht nach dem Wert des Vergleichs, sondern nach den im Vergleich übernommenen Verpflichtungen, soweit sie für vollstreckbar erklärt werden sollen (OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 1520).
Eine Terminsgebühr entsteht in diesem Verfahren grundsätzlich nicht, da eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist. Daher kann auch Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG nicht greifen.
Die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) ist gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG hälftig, höchstens zu 0,75 anzurechnen.
Beispiel 19:
Außergerichtlich hat der A gegen den B eine Forderung über 10.000 EUR erhoben. Die Parteien vergleichen sich schließlich außergerichtlich, vertreten durch ihre Anwälte, dass der B zum Ausgleich der Forderung einen Betrag i.H.v. 6.000 EUR zahlt. Hiernach wird beantragt, den Vergleich nach § 796b ZPO für vollstreckbar erklären zu lassen.
Außergerichtlich entstehen eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (wobei hier von der Mittelgebühr ausgegangen werden soll) sowie eine 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG. Der Gegenstandswert beträgt 10.000 EUR.
Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung entsteht eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Streitwert ist nur der Wert der Forderung, der für vollstreckbar erklärt werden soll, also 6.000 EUR. Die vorangegangene Geschäftsgebühr ist nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG hälftig, höchstens zu 0,75, anzurechnen.
I. |
Außergerichtliche Vertretung (Wert: 10.000 EUR) |
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1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG |
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837,00 EUR |
2. |
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV RVG |
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837,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.694,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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321,86 EUR |
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Gesamt |
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2.015,86 EUR |
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II. |
Verfahren auf Vollstreckbarerklärung (Wert: 6.000 EUR) |
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1. |
1,3-Verfahrengebühr, Nr. 3100 VV RVG |
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460,20 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen, 0,75 aus 6.000 EUR |
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– 265,50 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG |
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424,80 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
639,50 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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121,51 EUR |
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Gesamt |
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761,01 EUR |
War der Anwalt außergerichtlich im Rahmen der Beratungshilfe tätig, wird die dort verdiente Geschäftsgebühr der Nr. 2503 VV RVG nur zu einem Viertel angerechnet (Anm. Abs. 2 S. 2 zu Nr. 2503 VV RVG).
Beispiel 20:
Der Anwalt ist außergerichtlich im Rahmen der Beratungshilfe mit der Beitreibung einer Forderung i.H.v. 6.000 EUR beauftragt. Es wird ein Vergleich geschlossen, der nach § 796b ZPO für vollsteckbar erklärt werden soll.
Es entstehen jetzt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV sowie eine Einigungsgebühr nach Nr. 2508 VV. Auf die Verfahrensgebühr des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung ist die Geschäftsgebühr jetzt gem. Anm. Abs. 2 S. 2 zu Nr. 2503 VV zu einem Viertel anzurechnen.
I. |
Außergerichtliche Vertretung |
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1. |
Geschäftsgebühr, Nr. 2503 VV RVG |
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85,00 EUR |
2. |
Einigungsgebühr, Nr. 2508 VV RVG |
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150,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
255,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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48,45 EUR |
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Gesamt |
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303,45 EUR |
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II. |
Gerichtliche Vertretung |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 4.000 EUR) |
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327,60 EUR |
2. |
gem. Anm. Abs. 2 S. 2 zu Nr. 2503 VV RVG anzurechnen |
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– 21,25 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
326,35 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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62,01 EUR |
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Gesamt |
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388,36 EUR |