Bei der Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG handelt es sich nach zutreffender Auffassung um eine Festgebühr. Es besteht hinsichtlich der Höhe der Gebühr kein Ermessensspielraum. Siehe zuletzt:
LG Saarbrücken, Beschl. v. 5.2.2015 – 6 Qs 7/15:
Bei der Zusätzlichen Gebühr für die Vermeidung der Hauptverhandlung gem. Nr. 4141 VV RVG handelt es sich um eine Festgebühr in Höhe der Mittelgebühr (AGS 2015, 511 = AG kompakt 2015, 17 = NStZ-RR 2015, 264).
Ebenso: KG AG kompakt 2011, 122 u. 140 = JurBüro 2012, 466 = VRR 2011, 438 = StRR 2011, 438 = RVGprof. 2011, 210 = RVGreport 2012, 110; AG Limburg SVR 2008, 268; AG Weilburg AGS 2007, 561; AnwK-RVG/N. Schneider, 7. Aufl. 2014, Nr. 4141 VV RVG Rn 156; Burhoff, RVG, 4. Aufl. 2014, Nr. 4141 VV RVG Rn 93; Hartmann, KostG, 46. Aufl. 2016, Nr. 4141 VV RVG Rn 12, der allerdings kurioserweise zum Bußgeldverfahren die gegenteilige Auffassung vertritt (Nr. 5115 VV RVG Rn 11 ff.).
Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 RVG ist nicht anwendbar. Eine Möglichkeit, besonders hohen Aufwand oder erhebliche Schwierigkeiten oder besonders geringen Aufwand oder unterdurchschnittliche Schwierigkeiten zu berücksichtigen, besteht nicht. Die zum Teil immer noch vereinzelt geäußerte gegenteilige Auffassung (zuletzt LG Koblenz JurBüro 2010, 34) ist unzutreffend. Dies folgt aus Anm. Abs. 3 S. 2 zu Nr. 4141 VV RVG, in der es heißt: "Für den Wahlanwalt bestimmt sich die Gebühr nach der Rahmenmitte." In der Begründung des Gesetzes ist dies leider – wie so häufig – nicht klar zum Ausdruck gekommen. Dort heißt es, dass "grundsätzlich" von der Mittelgebühr auszugehen sei, was zu Irritationen führt. Die Vorschrift der Anm. Abs. 3 S. 2 zu Nr. 4141 VV RVG macht jedoch nur dann Sinn, wenn man sie mit der einhelligen Kommentarliteratur dahingehend auslegt, dass immer die Mittelgebühr geschuldet sei. Auch Sinn und Zweck dieser Regelung sprechen dafür. Der Gesetzgeber wollte an dieser Stelle bewusst den Streit über die Bemessung der Zusätzlichen Gebühr vermeiden, indem er von vornherein einen bestimmten Satz, nämlich die jeweilige Mittelgebühr, festgelegt hat.
Beispiel 1:
Gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts wird Einspruch eingelegt und dieser anschließend wieder zurückgenommen. Die Tätigkeit des Verteidigers war unterdurchschnittlich.
Die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren bestimmt sich nach Nr. 4106 VV RVG i.V.m. § 14 Abs. 1 RVG und ist unterdurchschnittlich anzusetzen. Hier soll von der halben Mittelgebühr ausgegangen werden. Auf die Zusätzliche Gebühr hat dies keinen Einfluss. Hier ist immer die Mittelgebühr anzusetzen.
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV RVG |
200,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV RVG |
82,50 EUR |
3. |
Zusätzliche Gebühr, Nr. 4141, 4106 VV RVG |
165,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
467,50 EUR |
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
88,83 EUR |
|
Gesamt: |
556,33 EUR |
Beispiel 2:
Das Verfahren vor dem Amtsgericht wird vor der Hauptverhandlung eingestellt. Die Tätigkeit des Verteidigers war besonders umfangreich und schwierig.
Die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren bestimmt sich wiederum nach Nr. 4106 VV RVG i.V.m. § 14 Abs. 1 RVG und ist jetzt überdurchschnittlich anzusetzen. Hier soll von der Höchstgebühr ausgegangen werden. Auf die Zusätzliche Gebühr hat dies keinen Einfluss. Hier ist immer die Mittelgebühr anzusetzen.
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV RVG |
200,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV RVG |
290,00 EUR |
3. |
Zusätzliche Gebühr, Nr. 4141, 4106 VV RVG |
165,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
675,00 EUR |
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
128,25 EUR |
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Gesamt: |
803,25 EUR |