Durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 5.12.2012 (BGBl I, S. 2418) ist in den Verfahrens- und auch in den Kostengesetzen mit Wirkung zum 1.1.2014 die Rechtsbehelfsbelehrung obligatorisch eingeführt worden. Im RVG regelt dies die Bestimmung des § 12c RVG. Obwohl in Verfahren auf Festsetzung der PKH- bzw. VKH-Anwaltsvergütung die damit befassten Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bzw. die Gerichte des Rechtszugs mit den maßgeblichen Verfahrensvorschriften vertraut sein müssten, zeigt sich, dass gleichwohl viele Rechtsbehelfsbelehrungen unrichtig sind. Diese Gefahr hat der Gesetzgeber ebenfalls gesehen und in den Verfahrens- und auch in den Kostengesetzen eine dem § 33 Abs. 5 S. 2 RVG gleichende Vermutungsregelung eingeführt, etwa in § 233 S. 2 ZPO.
Diese findet jedoch nach der Rechtsprechung bei einem Rechtsanwalt kaum einmal Anwendung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH zu § 233 S. 2 ZPO ist die Fristversäumung auch in den Fällen einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung nicht unverschuldet, wenn diese offenkundig falsch gewesen ist und deshalb – ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand – nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte (so etwa BGH NJW 2018, 165; NJW 2017, 1112; FamRZ 2014, 643).
Diese Rechtsprechung hat hier das LSG NRW fortgesetzt und den in Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung erfahrenen Rechtsanwalt darauf verwiesen, er müsse hinsichtlich der Beschwerdefrist bessere Kenntnisse haben als das Gericht. Diese Auffassung führt allerdings dazu, dass die Vermutungsregelung des § 33 Abs. 5 S. 2 RVG in Verfahren auf Festsetzung der PKH- bzw. VKH-Anwaltsvergütung praktisch überhaupt nicht eingreift. Bei dem Vertreter der Staatskasse muss man die für seine Rechtsbehelfe erforderlichen Rechtskenntnisse voraussetzen. Gleiches gilt – so das LSG NRW – für den Anwalt, der bereits Erfahrungen im Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung hat. Die Vermutungsregelung könnte allenfalls für denjenigen eingreifen, der sein erstes Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung betreibt oder der noch niemals einen Rechtsbehelf in diesem Verfahren eingelegt hat.
Praxishinweis:
Für den das Verfahren auf Festsetzung der PKH- bzw. VKH-Anwaltsvergütung betreibenden Rechtsanwalt bedeutet dies, dass er die beigefügten Rechtsbehelfsbelehrungen besser unbeachtet lässt und die für ihn maßgeblichen Fristen selbst ermittelt und mit Vorfrist im Fristenkalender notieren lässt. Dies gilt übrigens auch für die Beschwerdefrist im Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswerts, in dem § 33 Abs. 3 S. 3, Abs. 5 RVG direkt gilt. Nur der anwaltlich nicht vertretene Mandant kann sich bei einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung im Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswerts wohl mit einiger Aussicht auf Erfolg auf die Vermutungsregelung des § 33 Abs. 5 S. 2 RVG berufen.