Der schwerbehinderte Kläger ist auf einen Rollstuhl angewiesen und als beamteter Studienrat in Vollzeit beschäftigt. Die notwendige Pflege und Assistenz rund um die Uhr stellt er durch von ihm beschäftigte Pflege- und Assistenzkräfte sicher und erhielt dafür vom Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege i.H.v. etwa 9.600 EUR monatlich. Für die Zeit ab dem 1.7.2013 bewilligte der Beklagte solche Leistungen nicht, da der Kläger vorrangig sein aus dem laufenden Einkommen angespartes Vermögen i.H.v. rund 20.000 EUR verbrauchen müsse. Ihm stehe trotz seiner Erwerbstätigkeit nur ein Vermögensfreibetrag von 2.600 EUR zu (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 S. 1 Nr. 1 BarBetrV a.F.). Nach Verbrauch des Vermögens nahm der Beklagte die Leistungen zum 1.2.2014 wieder auf. Die Revision des Klägers gegen die ablehnende Entscheidung der Vorinstanzen, mit der er einen höheren Freibetrag nach dem SGB II geltend macht, hatte in Form der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG Erfolg (BSG, Urt. v. 28. 8. 2018 – B 8 SO 1/17 R).
Das BSG entschied, der Kläger habe neben seinem Einkommen sein Vermögen nur teilweise einzusetzen, da ihm ein Freibetrag zu belassen ist, der dem eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei Prüfung der Leistungen nach dem SGB II entspricht. Zur Begründung verweist das Gericht darauf, dass die Dauer und Schwere der Beeinträchtigungen, die der Kläger durch seine Behinderung in seiner allgemeinen Lebensführung hinnehmen muss und die Tatsache, dass er das Vermögen aus Einkommen aus einer durchgehend ausgeübten vollschichtigen Tätigkeit angespart hat, früher zur Anhebung des ihm zustehenden Freibetrag führt.
Das BSG verpflichtet das LSG bei seiner erneuten Entscheidung auch Feststellungen zum Zeitpunkt der Verwertbarkeit des Vermögens zu treffen und zu prüfen, ob der Kläger das Vermögen durch die Tilgung von nach der Leistungsablehnung deswegen eingegangenen Schulden aufgebraucht habe und dieses demnach für die Zeiträume danach nicht mehr als bereites Mittel eingesetzt werden kann.
Hinweis:
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 25.4.2018 – B 8 SO 24/16 R) die im SGB XII gegenüber dem SGB II infolge geringerer gesetzlicher Freibeträge höhere Anrechnung von Erwerbseinkommen durch den Gesetzgeber beabsichtigt und durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Die im SGB-XII-Leistungsbezug weitergehende Anrechnung von Erwerbseinkommen ist nach Auffassung des Gerichts von Verfassung wegen nicht zu beanstanden, hierin liegt auch weder eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung nach dem Alter (Art. 3 Abs. 1 GG) noch – für Frauen – nach dem Geschlecht (Art. 3 Abs. 2 GG; zu Unterschieden des Vermögenseinsatzes im SGB II/SGB XII und den sich hieraus im Einzelfall ergebenden Rechtsfragen s. BSG, Urt. v. 25.8.2011 – B 8 SO 19/10 R und Lange, in: Eicher/Luik, SGB II, § 12 Rn 6 m.w.N.) vor.