In einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, entsteht die Terminsgebühr (Nr. 3106 VV) u.a. dann, wenn ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird (Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG). Nach einem Teil der sozialgerichtlichen Rechtsprechung soll der Anfall der Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs zusätzlich voraussetzen, dass das Zustandekommen des Vergleichs nach § 101 Abs. 1 S. 2 SGG gerichtlich festgestellt worden ist (LSG Sachsen, Urt. v. 19.3.2017 – L 8 R 682/15 B KO, vgl. ferner die Nachweise bei Hansens ZAP F. 24, 1669, 1676 ff.). Diese Auffassung erscheint nicht zutreffend, da der Wortlaut des Gesetzes lediglich einen schriftlichen, § 126 BGB, Vergleich, § 779 BGB (so auch Hansens a.a.O.; krit. Loytved jurisPR-SozR 5/2019, Anm. 6) erfordert.
Praxishinweis:
Es empfiehlt sich jedoch zur Sicherheit, bei der Unterbreitung eines Vergleichsangebots durch die Beklagte des Gerichts zu bitten, einen Vergleichsabschluss in der Form des § 101 SGG vorzuschlagen.
Das Gericht dürfte dann den Beteiligten zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits unter Hinweis darauf, dass der Vergleichsvorschlag nach § 101 Abs. 1 S. 2 SGG als gerichtlicher Vergleich wirksam wird, wenn die Beteiligten ihn gegenüber dem Gericht schriftlich annehmen, einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Nehmen beide Parteien den Vergleich an, fällt jedenfalls die fiktive Terminsgebühr an (so LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 18.5.2018 – L 10 SF 398/18 E-B).
Gegebenenfalls besteht die Möglichkeit, im Vorfeld einer vorgesehenen Einigung mit der Behörde zu telefonieren. In diesem Fall entsteht die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VVG. Ebenso wie das LSG Baden-Württemberg (a.a.O.) entscheidet das LSG Celle-Bremen (Beschl. v. 15.11.2018 – L 7 AS 73/17 B; Loytved jurisPR-SozR 5/2019 Anm. 6), wobei allerdings auf den – auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden – Grundsatz von Treu und Glauben und das daraus abgeleitete Missbrauchsverbot hingewiesen wird, dass jede Prozesspartei verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Obsiegens von der Gegenseite erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Interessen vereinbaren lässt (BGH, Urt. v. 20.5.2014 – VI ZB IX 9/13, NJW 2014, 2285). Es müssen, so das LSG, objektiv Gründe vorliegen, die es als geboten erscheinen lassen, den gerichtlichen Vergleichsbeschluss auch unabhängig von gebührenrechtlichen Erwägungen zu beantragen. Solche objektiven Gegebenheiten bejaht das Gericht im vorliegenden Fall, wobei der Missbrauchsvorwurf schon dann nicht begründet sein dürfte, wenn ein Beteiligter durch das entsprechende prozessuale Verhalten diesen verfahrensrechtlichen Weg zur Beendigung des Rechtsstreits bestreitet und dadurch einen Vollstreckungstitel erwirken kann (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG, Loytved a.a.O.).
Praxishinweis:
Streitig ist, ob die fiktive Termingebühr im Rahmen von Untätigkeitsklagen anfällt, wenn nach Klageerhebung die Beklagte den Bescheid oder den Widerspruchsbescheid erteilt und der Rechtsstreit dann in der Hauptsache für erledigt erklärt wird. Nach der Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV RVG fällt diese Gebühr auch dann an, wenn das Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Die Rechtsprechung ist insoweit uneinheitlich. Die 14. Kammer des SG Freiburg hat am 30.11.2018 die Gebühr jedenfalls dann zugesprochen, wenn der ergehende Widerspruchsbescheid ebenso dem Begehren der Klägerseite in der Hauptsache entspricht (S 14 SF 3671/18 E).
Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht und für Arbeitsrecht Dr. Ulrich Sartorius, Breisach
ZAP F. 18, S. 557–574