Ein Virus namens Krone bläst dem Breiten- wie Spitzensport das Licht aus und entthront den Fußball. Nun flackert bei den Freunden des Leders ein Lichtlein auf. Ein spukhaftes zwar, denn die 1. und 2. Fußball-Bundesliga wurde im Geisterspielmodus angepfiffen. Der Ausdruck ist mit Vorsicht zu genießen, denn er meint nicht, dass Gespenster kicken, sondern dass die Zuschauerränge des Stadions leer bleiben. Zur Abwechslung mal nicht als Bestrafung für klubeigenes oder Fanfehlverhalten, sondern zum Gesundheits- und Infektionsschutz. Das ist auch für mich als Sportrechtler neu.
Wie anderes auch. Ich kenne jetzt das Infektionsschutz- und das Arbeitsschutzgesetz. Ich weiß neuerdings um die Bedingungen für den Antrag auf Kurzarbeit, kenne die notwendigen Schritte für eine Planinsolvenz und kann manchem Mandanten endlich den Satzungsvorbehalt im Vereinsrecht für Umlaufbeschlüsse einfacher nahebringen. Und ich frage mich, wo das hinführen soll?
Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) beispielsweise hat nach Vorlage eines Hygienekonzepts von der Politik grünes Licht zum Wiedereinstieg in die abgebrochene Saison bekommen. Geschäftsführer Christian Seifert hat öffentlichkeitswirksam dafür gekämpft. Schließlich ist die DFL ein Unternehmen, das in den letzten Jahren Rekordumsätze erzielt hat – v.a. mit Fernseheinnahmen. Aber genau das wirft Fragen auf.
Auf der einen Seite sind die Klubs Arbeitgeber, die Spieler Arbeitnehmer. Sie müssen genauso behandelt werden wie andere Unternehmen auch. Es steht im Ermessen der Klubführung gem. § 106 GewO, die Spieler aus dem Homeoffice an den Arbeitsplatz zurückzurufen, wenn nur der Gesundheits- und Infektionsschutz gewährleistet ist. Kommt der Arbeitgeber seiner Schutzpflicht gem. § 618 BGB nach, kann der Arbeitnehmer die Arbeit nicht verweigern.
Auf der anderen Seite frage ich mich nach den Torjubelbildern der Hertha am Wochenende, ob bei einem Fußballspiel die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts ( https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Hygiene.html – abgerufen am 14.5.2020) oder der Standard des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ( https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Schwerpunkte/sars-cov-2-arbeitsschutzstandard.pdf?__blob=publicationFile&v=4 – abgerufen am 14.5.2020) wirklich eingehalten werden können? Die wohl ebenfalls zweifelnden Gesundheitsämter drohten schon vorab mit öffentlich angekündigten unangekündigten Kontrollen. Die Spieler haben wenig zu sagen und beklagen das auch (in anderen Unternehmen hat der Betriebsrat diesbezüglich ein Mitspracherecht ...). Sie sind am Ende die Leidtragenden, selbst wenn sie bei einer Infektion über die Berufsgenossenschaft abgesichert sein dürften. Jedenfalls aus finanzieller Sicht.
Ja, es geht um Geld. Fernsehgelder drohen auszufallen. Der Sender Eurosport wird als unanständig beschimpft, weil er von einer Klausel Gebrauch machen will, die ihm in der momentanen Situation den Vertragsausstieg erlaubt ( https://www.t-online.de/sport/fussball/bundesliga/id_87871544/corona-krise-fcb-boss-rummenigge-attackiert-eurosport-unanstaendig-.html – abgerufen am 19.5.2020). Sky, immerhin jetzt allen zugänglich, übertönt auf einer extra Tonspur Stöhnen, Schreien und Schimpfen mit Zuschauergesängen und Torjubel. Findige haben vorgeschlagen, die leeren Ränge mit Werbung oder virtuellen Zuschauern zu versehen. Selbst aus der Liga kommt der Vorschlag, den Mundschutz als Werbefläche zu nutzen ( https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-sinsheim-hoffenheim-arzt-bei-team-quarantaene-ist-saison-beendet-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200513-99-36520 – abgerufen am 19.5.2020).
In der 3. Bundesliga, die nicht der DFL, sondern dem DFB untersteht, gibt es erheblichen Widerstand. Hauptargument: Die Vorgaben zum Hygieneschutz seien nicht umsetzbar. Behaupten jedenfalls die, die von einem Abbruch des Spielbetriebs profitiert hätten. In diesem Zwist fallen die Dauer- und Eintrittskartenbesitzer, die ein Anrecht darauf haben, für die nicht erhaltenen Leistungen eine Rückerstattung zu bekommen, kaum mehr ins Gewicht. Die Fans und Ultras haben die Saison ohnehin als für sich schon beendet erklärt ( https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/sport-inside/video-fussball-nach-corona-zeit-fuer-romantiker-100.html – abgerufen am 19.5.2020) und kritisieren den Fußball als "Spekulationsobjekt" ( https://www.faz.net/aktuell/sport/rhein-main-sport/eintracht-frankfurt/corona-eintracht-fans-kritisieren-bundesliga-plaene-16769653.html – abgerufen am 19.5.2020).
Die Klubs der DFL hingegen haben sich auf weitere Corona-spezifische Spielregeln geeinigt, etwa auf die Erhöhung der Zahl der Auswechslungen, den möglichen Stadionwechsel bei Heimspielen oder die Saisonverlängerung über den 30.6.2020 hinaus. Nach wie vor ungeklärt ist, was bei einem Abbruch der Saison passiert. Gibt es einen Meister oder nicht? Wer steigt auf und ab? Wer darf in die kommenden Europapokal-Wettbewerbe? Auch da geht es um viel Geld. Hierfür soll innerhalb der nächsten zwei Wochen eine ...