Der 1961 geborene Kläger ist Diplom Mathematiker (FH), mit einem GdB von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt und seit Juni 2004 dem Personalüberhangmanagement des beklagten Landes zugeordnet. Nachdem er von Dezember 2015 bis Anfang August 2016 arbeitsunfähig erkrankt war, fand ein Personalgespräch statt, über dessen Inhalt zwischen den Parteien Streit besteht. Jedenfalls wies das beklagte Land dem Kläger keinen neuen Einsatz zu, zahlte aber zunächst bis einschließlich November 2016 die Vergütung weiter. Nachdem der Beklagte die Entgeltzahlung eingestellt hatte, erhob der Kläger Klage, mit der er Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Zeitraum Dezember 2016 bis Mai 2017, hilfsweise Schadensersatz in gleicher Höhe verlangt. Er behauptet, seit August 2016 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein.
Im Zentrum der Entscheidung des Fünften Senats des BAG (BAG, Urt. v. 27.7.2021 – 5 AZR 543/20) stehen die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast für die Leistungsunfähigkeit, die der Senat bestätigt (vgl. die st. Rspr.: BAG, Urt. v. 19.5.2004 – 5 AZR 434/03 zu II 2 a der Gründe; BAG, Urt. v. 15.5.2013 – 5 AZR 130/12 Rn 27; BAG, Urt. v. 22.8.2018 – 5 AZR 592/17 Rn 25 m.w.N.).
Der Arbeitgeber gerät bei Vorliegen aller sonstigen Anspruchsvoraussetzungen des § 615 S. 1, 611a Abs. 2 BGB gem. § 297 BGB nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die geschuldete Arbeitsleistung aus in seiner Person liegenden Gründen zu bewirken. Maßgebend ist vorliegend die Beweislast, für welche die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast gelten: (1) Beruft sich der Arbeitgeber gegenüber einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Annahmeverzug auf dessen Leistungsunfähigkeit i.S.d. § 297 BGB, erhebt er nach st. Rspr. des BAG eine Einwendung, zu deren Voraussetzungen der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung die Darlegungs- und Beweislast trägt. (2) Weil der Arbeitgeber über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, genügt er seiner primären Darlegungslast grds. schon dadurch, dass er Indizien vorträgt, aus denen auf eine Leistungsunfähigkeit im Annahmeverzugszeitraum geschlossen werden kann. (3) Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung der behaupteten Tatsachen zu erschüttern. Naheliegend ist es, insoweit die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. (4) Der Arbeitgeber ist dann für die Leistungsunfähigkeit beweispflichtig. Er kann sich auf das Zeugnis der den Arbeitnehmer behandelnden Ärzte und auf ein Sachverständigengutachten berufen. Die primäre Darlegungslast des Arbeitgebers für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers bedeutet nicht, dass der Arbeitgeber die von ihm behauptete Tatsache – also hier die Leistungsunfähigkeit – mittels Indizien zu beweisen hätte. Er muss lediglich Tatsachen vortragen, die einen hinreichenden Anhaltspunkt dafür bieten, dass der Arbeitnehmer im Streitzeitraum für die geschuldete Tätigkeit nicht bzw. nicht uneingeschränkt leistungsfähig war. Es reicht also ein Vortrag, der eine entsprechende Schlussfolgerung ermöglicht und als wahrscheinlich erscheinen lässt. Hieran dürfen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden, wenn der Arbeitgeber wie regelmäßig über keine näheren Informationen zum Gesundheitszustand des Arbeitnehmers verfügt.
Konkret litt der Kläger im Juli 2016 an einer nicht näher bezeichneten, aber höhergradigen Schlafapnoe, Tagesübermüdung, konzentrativen Defiziten, Anpassungsstörungen, einer mittelgradigen depressiven Episode und einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung. Damit hat das beklagte Land ausreichend Indizien vorgetragen, aus denen auf eine Leistungsunfähigkeit des Klägers im Annahmeverzugszeitraum geschlossen werden kann.
Haben – wie im Streitfall – Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihrer jeweiligen Darlegungslast zur Leistungsunfähigkeit bzw. Leistungsfähigkeit i.S.d. § 297 BGB genügt, muss eine Beweisaufnahme durch Erhebung der angebotenen Beweise durchgeführt werden, um zu klären, ob der Arbeitnehmer im Annahmeverzugszeitraum objektiv leistungsunfähig war.