Die klagende Arbeitnehmerin war seit 2011 bei dem beklagten Bäckereibetrieb beschäftigt. Bei einer Sechstagewoche stand ihr nach dem Arbeitsvertrag ein jährlicher Erholungsurlaub von 28 Werktagen zu. Bei der vereinbarten Dreitagewoche entspricht dies einem Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen im Jahr. Aufgrund Arbeitsausfalls durch die Corona-Pandemie führte die Beklagte auf einzelvertraglicher Grundlage Kurzarbeit ein. Die Klägerin war aufgrund von Kurzarbeit in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 durchgehend von der Arbeitspflicht befreit und arbeitete in den Monaten November und Dezember 2020 nur an fünf Tagen. Aus Anlass der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nahm die Beklagte eine Neuberechnung des Urlaubs vor. Sie bezifferte den Jahresurlaub der Klägerin für das Jahr 2020 auf 11,5 Arbeitstage. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die gekürzte Neuberechnung ihres Urlaubsanspruchs. Sie begehrt weitere 2,5 Urlaubstage, weil aufgrund von Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs wie Tage mit Arbeitspflicht zu behandeln seien. Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass der Urlaubsanspruch der Klägerin wegen der Kurzarbeit gemindert sei.
Die Klage hatte in allen drei Instanzen keinen Erfolg. Das BAG bestätigt seine jüngere Rspr. zur Urlaubsberechnung (BAG, Urt. v. 24.9.2019 – 9 AZR 481/18, NZA 2020, 300; BAG, Urt. v. 19.3.2019 – 9 AZR 406/17, MDR 2019, 1261; BAG, Urt. v. 19.3.2019 – 9 AZR 362/18, NZA 2019, 1141; BAG, Urt. v. 19.3.2019 – 9 AZR 315/17, ZTR 2019, 557) und führt sie fort. Ausgehend vom Sinn und Zweck des Erholungsurlaubs besteht ein innerer Zusammenhang zwischen der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung nach Arbeitstagen und dem Erholungsbedürfnis. Das Äquivalent zum Erholungsbedürfnis ist der Urlaubsanspruch nach Arbeitstagen. Das BAG sieht, wie zuvor bei der Altersteilzeit und nach der Rspr. des EuGH bei der Elternzeit und der Kurzarbeit Null, als maßgebendes Argument für die Kürzung des Urlaubsanspruchs das verringerte Erholungsbedürfnis an. Durch die Einführung der Kurzarbeit mit ganzen Tagen ohne Arbeitsleistung ist die Arbeitspflicht, gemessen nach Arbeitstagen, geringer als ohne Kurzarbeit. Demnach ist auch das Erholungsbedürfnis, welchem durch den gesetzlichen Erholungsurlaubsanspruch Rechnung getragen werden soll, verringert (vgl. zur Altersteilzeit: BAG, Urt. v. 3.12.2019 – 9 AZR 33/19 Rn 26 ZAT 2020, 32 m. Anm. Gundel; vgl. auch Bayreuther DB 2012, 2748, 2749; Klasen/Haag BB 2020, 2228, 2232; Schinz jM 2020, 148, 154). Es liegt deshalb keine Kürzung vor, vielmehr liegt eine verringerte Entstehung des Urlaubsanspruchs nach Zeitabschnitten vor. Das schon deshalb, weil ein etwaig bereits genommener Urlaub aus einem zurückliegenden Zeitraum des Jahres unberührt bleibt. Nicht ausschlaggebend ist das Kompensationsargument. Arbeitsfreie Tage und Urlaub sind nicht vergleichbar. Die „normale” berufliche Inaktivität, weil arbeitsvertraglich keine Arbeitspflicht besteht, unterscheidet sich von einer urlaubsbedingten Ruhepause (vgl. EuGH, Urt. v. 13.6.2013 – C-415/12 [Brandes] Rn 41; a.A. Kohte/Hinrichs jurisPR-ArbR 43/2021 Anm. 5). Der Urlaubsanspruch verringert sich auch dann, wenn keine planbare und damit frei gestaltbare Freizeit vorliegt, wie dies bei der Kurzarbeit der Fall sein kann, wenn Arbeitnehmer kurzfristig aus der Kurzarbeit wieder herausgenommen werden.
Der Neunte Senat bestätigt auch die Grundsätze der unterjährigen zeitabschnittsweisen Urlaubsberechnung, deren Vorbild § 3 Abs. 1 BUrlG und § 208 SGB IX ist. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, deren Urlaub im Zeitpunkt der Neuberechnung noch nicht erfüllt ist, gegenüber Arbeitnehmern, die ihren Urlaub bereits genommen haben, liegt nicht vor. Die typisierende, auf das Kalenderjahr bezogene und damit zeitabschnittsweise Berechnung des nicht erfüllten Urlaubsanspruchs für alle Arbeitnehmer passt den Urlaubsanspruch an ihre jeweilige Arbeitspflicht an. Eine dem jeweiligen Erholungsbedürfnis gleichwertige Urlaubsdauer werde sichergestellt (vgl. BAG, Urt. v. 19.3.2019 – 9 AZR 406/17 Rn 23, 27, BAGE 166, 176; BAG, Urt. v. 19.3.2019 – 9 AZR 315/17, ZTR 2019, 557) und das Spannungsverhältnis von sofortiger Fälligkeit und kalenderjahresbezogener Berechnung des Urlaubsanspruchs sachgerecht aufgelöst.
Das BUrlG regelt in § 3 Abs. 1 BurlG die jährliche Urlaubsdauer („Zeitfaktor”) und in § 11 Abs. 1 BUrlG die Berechnung („Geldfaktor”). Für den Zeitfaktor legt das BAG nun in st. Rspr. für die zeitabschnittsweise Umrechnung des Urlaubsanspruchs die folgende Berechnung zugrunde: Für die Sechstagewoche 312 mögliche Arbeitstage (52 × 6) und für die Fünftagewoche 260 mögliche Arbeitstage (52 × 5) im Jahr. Das BAG legt offen, dass es bewusst von 364 Tagen im Jahr ausgeht und abweichend von § 191 BGB nicht mit 365 Tagen rechnet, weil die Berechnungsvorschrift in § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG auf 13 Wochen für ein Vierteljahr abstellt. Die Umrechnung erfolgt, indem...