1. Klausel über die Kündigung des Auftraggebers bei nicht als Ganzes vereinbarter VOB/B
Ist die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart, hält nach Ansicht des BGH (Urt. v. 19.1.2023 – VII ZR 34/20, Beaumart, EWiR 2023, 372) die Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 S. 3 VOB/B (2002) ebenso wie die hierauf bezogene Bestimmung in § 8 Nr. 3 S. 1 1. Alt. VOB/B (2002) bei Verwendung durch den Auftraggeber der Inhaltskontrolle nicht stand, da sie den Auftragnehmer „unangemessen” i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt, weswegen sie unwirksam ist.
Eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen der VOB/B ist (seit BGH, Urt. v. 22.1.2004 – VII ZR 419/02) dann eröffnet, wenn die Geltung der VOB/B nicht als Ganzes (sondern wie im konkreten Fall mit Abweichungen) vereinbart ist. In diesem Fall spielt es auch keine Rolle, welches Gewicht die konkret vereinbarte Abweichung hat. Jede inhaltliche Abweichung von den Vorgaben der VOB/B (z.B. bei der Verwendung eigener Klauselwerke neben der VOB/B) führt dazu, dass diese nicht mehr als Ganzes vereinbart und damit der Inhaltskontrolle unterworfen sind.
Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wird eine „unangemessene Benachteiligung” des Vertragspartners des Verwenders vermutet, wenn die Klausel (§ 4 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B 2002 – Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund schon bei geringfügigen und unbedeutenden Vertragswidrigkeiten oder Mängeln) eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regel (§ 314 BGB) enthält. Der BGH bejaht dies, da nach § 4 Nr. 7 VOB/B 2002 schon ein bloßes Leistungsdefizit – ohne Berücksichtigung von Vertrauen und Zumutbarkeit (wie nach dem gesetzlichen Leitbild des § 314 BGB) – die Kündigungsmöglichkeit eröffnet. Damit ist die Klausel aufgrund des Leitbildverstoßes nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nichtig.
Ein bloßes Leistungsdefizit begründet im Übrigen kein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund nach § 648a BGB, das bei einer vertragswidrigen oder mangelhaften Werkleistung in der Ausführungsphase begründet sein kann.
2. Ergänzend zu einem Immobilienmaklervertrag geschlossener Reservierungsvertrag
Der BGH (Urt. v. 20.4.2023 – I ZR 113/22, Heckschen, EWiR 2023, 396) hat die Unwirksamkeit einer erfolgsunabhängigen Reservierungsabrede als Nebenabrede zu einem Maklervertrag konstatiert: Ein im Nachgang zu einem bereits bestehenden Immobilienmaklervertrag geschlossener Reservierungsvertrag stellt nach Ansicht des BGH (a.a.O., 1. Ls. in Fortentwicklung von BGH, Urt. v. 23.9.2010 – III ZR 21/10, Rn 10) eine der uneingeschränkten AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegende Nebenabrede zum Maklervertrag dar, wenn zwischen den beiden in Form von AGB geschlossenen Verträgen eine unmittelbare Verbindung besteht, und die Verpflichtung zum exklusiven Vorhalten der Immobilie deshalb als maklerrechtliche Zusatzleistung anzusehen ist. Die in AGB vereinbarte Verpflichtung eines Maklerkunden zur Zahlung einer Reservierungsgebühr für das zeitlich begrenzte exklusive Vorhalten einer Immobilie zu seinen Gunsten stellt nach Ansicht des BGH (a.a.O. – 2. Ls.) eine „unangemessene Benachteiligung” des Kunden i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, wenn die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ausnahmsweise ausgeschlossen ist und sich aus der Reservierungsvereinbarung für den Kunden weder nennenswerte Vorteile ergeben noch seitens des Immobilienmaklers eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist.
Maklervertrag und Reservierungsvereinbarung – die der BGH als AGB qualifiziert – seien nicht voneinander zu trennen und auch dann einheitlich zu beurteilen, wenn zwischen dem Abschluss beider Vereinbarungen ein Abstand von etwa einem Jahr besteht. Nach dem gesetzlichen Leitbild des Maklervertrags hat der Makler nur im Erfolgsfall einen Honoraranspruch. Eine Aufspaltung beider Vereinbarungen erachtet der BGH als willkürlich. Die „unangemessene Benachteiligung” des Kaufinteressenten (§ 307 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB) liege in der erheblichen Abweichung vom Leitbild des Maklervertrags mit einer weit überbordenden Bevorzugung des Maklers. Welche nennenswerten Vorteile vermag der Kunde aus einer Reservierung zu ziehen? Da der Verkäufer selbst jederzeit das Recht hat, die Immobilie an einen Dritten weiter zu veräußern, wiegt dies den Vorteil des Kunden, dass der Makler selbst das Objekt in der Zeit nicht anderweitig Dritten anbieten darf, nach Ansicht des BGH nicht auf. Nachteilig wirkt sich auch aus, dass im konkreten Fall die Fälligkeit der Reservierungsgebühr unabhängig davon ist, ob der Käufer die Immobilie später erwirbt oder nicht.
Die praktische Relevanz der Entscheidung resultiert daraus, dass Reservierungsvereinbarungen von Maklern schwerlich als Individualvereinbarung formulierbar sind. In der Folge der vom BGH festgestellten Unwirksamkeit entsprechender AGB-Vereinbarungen dürften Kunden – sofern noch keine Verjährung eingetreten ist – in einer Vielzahl von Fällen (konkret: einer Reservierungszeit von einem Monat) das an einen Makler gezahlte Reservierungsentgelt im Kondiktionswege zurückfordern können.
3. Klausel in Mobildienstleistungsvertrag zur Nutzung bestimmter Endgeräte
Das Recht der Endnutzer eines Internetzugangsdienstes, Endgeräte ihrer Wahl zu nutzen, kann nach Ansicht des BGH (Urt. v. 4.5.202...