Ein Vergleich will wohlüberlegt sein, insb. wenn auf Ansprüche verzichtet werden soll, die noch gar nicht erörtert wurden, z.B. bei Abfindungen in Verkehrsunfallangelegenheiten oder bei der Klausel: "Damit sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche erledigt." Solche Abfindungsklauseln befrieden das Verhältnis zwischen den Beteiligten und sichern einen endgültigen Abschluss der Streitigkeiten. Sie können jedoch zum Verlust von Ansprüchen führen, die zum Zeitpunkt des Vergleichs nicht vor Augen standen.
Praxishinweis:
Hat der Rechtsanwalt vor dieser Gefahr nicht gewarnt und auf ersichtliche mögliche Ansprüche nicht konkret hingewiesen, haftet er dem Mandanten für den Anspruchsverlust.
Statistisch stellen Abfindungsklauseln nach Fristversäumnissen das zweitgrößte Haftungsrisiko für Rechtsanwälte dar. Die Gerichtsverhandlung ist für die meisten Mandanten eine Stress- und Ausnahmesituation. Sie können die Aufklärung während einer fünfminütigen Sitzungspause im Gerichtsflur kaum aufnehmen und gedanklich verarbeiten.
Praxishinweis:
Im Zweifel sollte der Rechtsanwalt einen befristeten Widerrufsvorbehalt in den Vergleich aufnehmen lassen, um den Mandanten nach der Verhandlung schriftlich und umfassend über die Vor- und Nachteile des Vergleichs aufklären zu können und ihm Gelegenheit zu geben, sich die Entscheidung zu überlegen.
Der Richter hält das Ergebnis der Güteverhandlung im Protokoll fest (§ 160 Abs. 3 Nr. 10 ZPO). Der Vergleichstext eines in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Vergleichs muss ins Protokoll aufgenommen und anschließend den Parteien vorgespielt oder vorgelesen werden. Die Parteien müssen sich sodann äußern, ob sie den protokollierten Vergleichstext genehmigen. Die Genehmigungserklärung oder etwaige Einwände sind ins Protokoll aufzunehmen (§§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 Abs. 1 ZPO).
Wird versäumt, den Vergleich vorzuspielen, zu genehmigen und dies im Protokoll zu vermerken, ist der Vergleich prozessual unwirksam, der Rechtsstreit also fortzusetzen (Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 160 Rn. 5). Der prozessual unwirksame Vergleich ist materiell-rechtlich regelmäßig ebenfalls unwirksam. Es kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Parteien den Vergleich in Kenntnis der prozessualen Unwirksamkeit ebenso abgeschlossen hätten. Mitentscheidend für einen gerichtlichen Vergleich ist die prozessbeendende Wirkung. Für den Kläger spielt zudem eine Rolle, dass er umgehend einen Vollstreckungstitel erhält. An beidem fehlt es, wenn der Vergleich prozessual unwirksam ist. In dieser Situation bleibt es den Parteien gleichwohl unbenommen, die Vergleichserklärungen schriftlich zu wiederholen und den Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO durch Beschluss feststellen zu lassen.
Das Nichterscheinen beider Parteien in der Güteverhandlung führt zu einem Ruhen des Verfahrens, das das Gericht anordnet und verhindert ein Übergehen zur mündlichen Verhandlung (§ 278 Abs. 4 ZPO).