Nach Abschluss der Güteverhandlung wird – sofern kein unwiderruflicher Vergleich geschlossen wird – die streitige mündliche Verhandlung durchgeführt.
Hinweis:
Ist das angerufene Gericht unzuständig, so muss der Beklagte dies vor der Antragstellung rügen. Sonst wird das Gericht durch rügelose Verhandlung nach § 39 ZPO zuständig. Beim Amtsgericht tritt die Zuständigkeit durch rügelose Einlassung nur ein, wenn das Gericht den Beklagten darauf hingewiesen hat. Die Hinweispflicht besteht auch beim anwaltlich vertretenen Beklagten.
Hinweis:
Hat eine Partei vor der Antragstellung Grund, der Unparteilichkeit des Richters zu misstrauen, muss der Ablehnungsantrag vor dem Sachantrag gestellt werden, sonst geht das Ablehnungsrecht verloren (§ 43 ZPO).
1. Antragstellung
Formell wichtigster Bestandteil der mündlichen Verhandlung ist, dass die Parteien ihre Anträge stellen. Die Antragstellung erfolgt häufig durch Bezugnahme auf den im Schriftsatz vorformulierten Antrag (§ 137 Abs. 3 ZPO): Der Kläger stellt i.d.R. den Antrag aus der Klageschrift, der Beklagte beantragt im Regelfall Klageabweisung.
Praxishinweis:
Üblicherweise diktiert der Richter die Anträge routinemäßig ins Protokoll, ohne dass die Parteien etwas sagen. Dieser Service ist bequem, aber auch nicht ungefährlich. Der Rechtsanwalt sollte einen Moment des Innehaltens einlegen, bevor er seine Anträge stellt.
Stellt eine Partei ihren Antrag nicht durch Bezugnahme auf einen vorbereitenden Schriftsatz, muss die Partei ihn "aus einer dem Protokoll beizufügenden Schrift verlesen". In freier Rede mündlich zu Protokoll erklärt werden können sie nur, wenn der Vorsitzende dies gestattet (§ 297 Abs. 1 ZPO).
2. Antragsänderungen
Oft müssen aufgrund des Prozessverlaufs geänderte Anträge gestellt werden, z.B. weil bei einer Klage auf rückständige Mieten weitere Mietrückstände hinzugekommen sind, weil durch zwischenzeitliche (teilweise) Erfüllung der Klageforderung (Teil-)Erledigung eingetreten ist oder weil der Beklagte durch eine Widerklage Gegenansprüche geltend macht.
Hinweis:
Doch Vorsicht: Nicht jede Veränderung der Prozesslage gebietet sogleich eine Änderung des Antrags.
Wird ein bei Eintritt der Rechtshängigkeit noch nicht bezifferbarer Anspruch zulässig durch positive Feststellungsklage geltend gemacht, bleibt die Feststellungsklage zulässig, wenn der Anspruch später im Lauf des Verfahrens bezifferbar wird (BGH, Urt. v. 4.11.1998 – VIII ZR 248/97). Wegen der fehlenden Vollstreckbarkeit der Feststellungsklage ist gleichwohl regelmäßig sinnvoll, zum bezifferten Leistungsantrag überzugehen. Eine negative Feststellungsklage wird nach einer Leistungsklage des Beklagten über denselben Streitgegenstand frühestens unzulässig und ist vom Kläger für erledigt zu erklären, wenn der Beklagte die Leistungsklage nicht mehr zurücknehmen kann. Dies ist gem. § 269 Abs. 1 ZPO der Fall, wenn der Kläger zur Leistungsklage umgekehrten Rubrums verhandelt hat. Doch selbst dann bleibt die negative Feststellungsklage zulässig, wenn der Feststellungsrechtsstreit im Gegensatz zum Leistungsrechtsstreit schon entscheidungsreif ist (BGH, Urt. v. 22.1.1987 – I ZR 230/85).
Wurden durch Schriftsatz geänderte Anträge angekündigt, ist darauf zu achten, bei der Antragstellung in der Verhandlung auf den richtigen Schriftsatz Bezug zu nehmen und nicht etwa die Klageschrift oder Klageerwiderung.
Praxishinweis:
Ein Antrag muss rechtzeitig durch Schriftsatz angekündigt werden, so dass der Gegner zur Reaktion etwa erforderliche Erkundigungen noch einholen kann (§ 282 Abs. 2 ZPO). Sonst kann das Gericht den Antrag gem. § 296 Abs. 2 ZPO zurückweisen, wenn er den Rechtsstreit verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.
3. Klagerücknahme
Erweist sich die Klage als aussichtslos, ist die Klagerücknahme zu erwägen. Bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache kann die Klagerücknahme ohne Zustimmung des Beklagten erfolgen (§ 269 Abs. 1 ZPO). Ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil – etwa ein Versäumnisurteil – wird mit Klagerücknahme wirkungslos, ohne dass es einer Aufhebung bedarf (§ 269 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 ZPO).
Hinweis:
Die Gerichtskosten reduzieren sich von drei Gebühren auf eine Gebühr (Nr. 1211 Nr. 1 KV GKG).
4. Anerkenntnisurteil
Erweist sich die Rechtsverteidigung des Beklagten als aussichtslos, ist zu erwägen, die Klageforderung anzuerkennen. Das Gericht hat dann durch Anerkenntnisurteil zu verurteilen (§ 307 ZPO).
Hinweis:
Die Gerichtskosten reduzieren sich von drei Gebühren auf eine Gebühr (Nr. 1211 Nr. 2 KV GKG).
5. Flucht in die Säumnis
Hat sich in der Erörterung herausgestellt, dass der bisherige Sachvortrag nicht ausreicht und lässt sich dieses Problem nicht durch Schriftsatznachlass beheben, ist die "Flucht in die Säumnis" zu erwägen – also überhaupt keinen Antrag zu stellen und Versäumnisurteil ergehen zu lassen. Im Rahmen des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil kann neuer Sachvortrag nachgeschoben werden (§§ 338 ff. ZPO). Die "Flucht in die Säumnis" setzt zweierlei voraus:
- Erstens darf noch kein Versäumnisurteil ergangen sein, sonst droht ein zweite...