§ 137 Abs. 2 ZPO sieht vor, dass die Parteien in der mündlichen Verhandlung einen Vortrag über die Sach- und Rechtslage in freier Rede halten. Es ist üblich, diesen durch konkludente Bezugnahme auf die gewechselten Schriftsätze zu ersetzen, die schon in der vorbehaltlosen Antragstellung gesehen wird (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 137 Rn. 3).
Ergeben sich Teile des Vorbringens aus Schriftsatzanlagen, ist die Bezugnahme unzulässig, wenn das Gericht sie für unangemessen hält oder die Gegenpartei widerspricht, § 137 Abs. 3 ZPO. Die Vorschrift gilt entgegen des weiten Wortlauts "Dokumente" nicht für bestimmende oder vorbereitende Schriftsätze oder die beweisliche Urkundsvorlage (§ 420 ZPO), sondern nur für die Ergänzung des Parteivorbringens durch Anlagen oder elektronische Dokumente (§§ 131, 130a Abs. 1 S. 1 ZPO).
Hinweis:
Bis zum 31.3.2005 lautete § 137 Abs. 3 ZPO auf "Schriftstücke". Er wurde durch das Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (JKomG) vom 22.3.2005 mit Wirkung zum 1.4.2005 geändert, um die Norm auf als elektronische Dokumente eingereichte Anlagen zu erstrecken, nicht, um auch Schriftsätze zu erfassen – die freilich auch Dokumente sind und als elektronisches Dokument eingereicht werden können, § 130a Abs. 1 ZPO.
Praxishinweis:
Gericht und Gegenpartei sollten sich nicht scheuen, die Bezugnahme zu unterbinden, wenn sie unklar oder unverständlich ist. Die Partei bzw. ihr Rechtsanwalt ist dann gezwungen, den maßgeblichen Inhalt der Anlagen mündlich in freier Rede anzubringen. Verlesen darf sie Dokumente nur, wenn es auf ihren wörtlichen Inhalt ankommt (§ 137 Abs. 3 S. 2 ZPO).
Der Widerspruch gegen eine Bezugnahme ist zu protokollieren. Das Gericht darf dann nicht mehr den Inhalt der Schriftsätze verwerten, denn sie sind mangels wirksamer Bezugnahme nicht Teil der Verhandlung (§ 286 Abs. 1 ZPO).
Praxishinweis:
Eine Partei sollte sich nicht scheuen, im Bedarfsfall ihren bisherigen Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung zu präzisieren oder zu korrigieren. Dies ist ihr nicht ohne weiteres negativ auszulegen (Geipel/Prechtel MDR 2011, 336, 339).
Bei der Beurteilung der Schlüssigkeit der Klage darf ein Tatsachenvortrag nicht allein deswegen unberücksichtigt gelassen werden, weil er sich zu früherem Vorbringen in Widerspruch setzt. Zu bedenken ist, dass beispielsweise "die Einführung neuer rechtlicher Gesichtspunkte in den Prozess häufig Anlass geben kann, bisher nur beiläufig Vorgetragenes zu präzisieren" (BGH, Urt. v. 5.7.1995 – KZR 15/94). Hingegen kann es versuchter Prozessbetrug sein, einen als falsch erkannten eigenen Sachvortrag aufrecht zu erhalten und durch undifferenzierte Bezugnahme auf die Schriftsätze in der mündlichen Verhandlung zu wiederholen.