Im Rahmen der mündlichen Verhandlung kann das Gericht eine Beweisaufnahme durchführen, also Gegenstände in Augenschein nehmen (§ 371 ZPO), Zeugen vernehmen (§§ 391 ff. ZPO), Sachverständige anhören (§ 411 Abs. 3 ZPO), vorgelegte Urkunden entgegen nehmen (§ 420 ZPO) oder die Parteien vernehmen (§§ 445 ff. ZPO).
1. Zeugenbefragung
Zeugen sind grundsätzlich nacheinander und in Abwesenheit der später anzuhörenden Zeugen zu vernehmen (§ 394 Abs. 1 ZPO).
Zeugen, deren Aussagen sich widersprechen, können in einer gemeinsamen Vernehmung gegenübergestellt werden (§ 394 Abs. 2 ZPO).
Hinweis:
Einen Grundsatz, dass Zeugen generell nicht an der Verhandlung teilnehmen dürfen, gibt es entgegen eines weit verbreiteten Irrtums nicht.
Es ist jedoch sinnvoll, dass Zeugen an der sonstigen Verhandlung nicht teilnehmen, um ihre Unvoreingenommenheit und Glaubwürdigkeit nicht zu beeinträchtigen. Nach § 395 Abs. 2 ZPO dürfen dem Zeugen zu Beginn der Vernehmung auch Fragen über Umstände gestellt werden, die seine Glaubwürdigkeit betreffen, insbesondere darf der Zeuge zu seinen Beziehungen zu den Beteiligten befragt werden (vertiefend zum "Kampf um das Fragerecht" Geipel/Prechtel MDR 2011, 336, 338).
Praxishinweis:
Rechtsanwälte und Referendare haben das Recht, Fragen direkt an den Zeugen zu richten, ihn also ins Kreuzverhör zu nehmen (§ 397 Abs. 2 ZPO). Unterbricht das Gericht den Rechtsanwalt bei einer zulässigen Befragung, sollte der Rechtsanwalt dies zu Protokoll beanstanden.
Umgekehrt sollte der Rechtsanwalt beanstanden, wenn das Gericht oder die Gegenseite unzulässige Fragen an einen Zeugen richten. Unzulässig sind Fragen, die weder das Beweisthema noch die Glaubwürdigkeit des Zeugen betreffen, Suggestivfragen und Fragen, die auf Einschätzungen des Zeugen statt auf dessen Wahrnehmungen abzielen. Das Gericht muss auf Beanstandung entscheiden, ob die Frage zulässig ist oder nicht. Eine Fehlentscheidung des Gerichts kann nicht unmittelbar angegriffen werden, jedoch später ein Rechtsmittel gegen das Urteil begründen.
Praxishinweis:
Daher ist es wichtig, auf die Protokollierung der streitigen Frage und der Entscheidung des Gerichts zu achten.
2. Fehlerquellen
- Vergessener Dolmetschereid: Wird ein Dolmetscher hinzugezogen, muss er zu Protokoll den Eid leisten, dass er treu und gewissenhaft übersetzen wird, alternativ ist die Berufung auf einen entsprechenden allgemeinen Eid möglich (§ 189 GVG). Unterbleibt dies, kann sich das Gericht nicht auf die Übersetzung stützen (BGH, Urt. v. 7.10.1986 – VI ZR 262/85).
- Vergessene Verhandlung zum Ergebnis der Beweisaufnahme: Nach der Beweisaufnahme muss das Gericht den Sach- und Streitstand mit den Parteien erörtern – dies gilt "soweit bereits möglich" – auch für das Ergebnis der Beweisaufnahme (§ 279 Abs. 3 ZPO). Verhandeln die Parteien zum Ergebnis der Beweisaufnahme (§ 285 ZPO), können sie, müssen aber nicht, erneut Sachanträge stellen. Es ist ausreichend, aber erforderlich, dass das Gericht ihnen Gelegenheit zur Beweiserörterung gibt. Anderenfalls ist das Urteil wegen Verletzung rechtlichen Gehörs anfechtbar (BGH, Urt. v. 24.1.2001 – IV ZR 264/99).
3. Beweisführung
Der Beweis ist nach einer gängigen Formel des BGH erfolgreich geführt, wenn die zu beweisende Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit feststeht, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu müssen (BGH, Urt. v. 14.12.1993 – VI ZR 221/92). Geht es um die Schadenshöhe oder haftungsausfüllende Kausalität, reicht zur Überzeugungsbildung des Gerichtes aufgrund nach § 287 ZPO verringerten Beweismaßes überwiegende Wahrscheinlichkeit; das Gericht kann auch schätzen (BGH, Urt. v. 12.2.2008 – VI ZR 221/06).
Einen Beweisbeschluss kann das Gericht schon vor der mündlichen Verhandlung erlassen (§ 358a ZPO), z.B. ein schriftliches Sachverständigengutachten einholen. Es kann sinnvoll sein, eine solche Vorgehensweise anzuregen, um das Verfahren zu beschleunigen.
Zur Schadenshöhe oder Höhe des zu ersetzenden Interesses kann das Gericht den Beweisführer vernehmen, ohne dass es hierzu der Zustimmung der Gegenpartei bedarf (§ 287 Abs. 1 S. 3 ZPO).
Neben Zeugen- und Parteivernehmung kann das Gericht Kläger und Beklagten persönlich anhören (§ 141 ZPO).
Praxishinweis:
In Beweisnot sollte der Rechtsanwalt darauf hinwirken, dass die eigene Partei persönlich angehört wird. Hierauf besteht, wenn die Partei anwesend ist, ein Anspruch (§ 137 Abs. 4 ZPO).
Bei Beweisnot muss der Rechtsanwalt dies seinem Mandanten erklären und ihm raten, persönlich zum Termin zu erscheinen.
Folgt das Gericht dem Anhörungsantrag nicht, ist dies zu Protokoll zu beanstanden, weil es ein späteres Urteil angreifbar macht. Das Gericht muss die Anhörung bei seiner Entscheidung berücksichtigen, da es seine Überzeugung nicht nur aufgrund der förmlichen Beweismittel, sondern "des gesamten Inhalts der Verhandlungen" zu bilden hat (§ 286 Abs. 1 ZPO). Durch die Parteianhörung können gegnerische Zeugenaussagen zu Fall gebracht werden, weil das Gericht nicht verpflichtet ist, einer Zeugenaussage mehr zu gla...