Einen Sonderfall der gesetzlichen Erbfolge stellt das gesetzliche Erbrecht des nichtehelichen Kindes dar. Unter dem nichtehelichen Kind wird der Abkömmling des Vaters bezeichnet. Wurde das nichteheliche Kind nach der Mutter von Anfang an bei dem gesetzlichen Erbrecht wie ein eheliches Kind behandelt, spielte es lange Zeit für das gesetzliche Erbrecht nach dem Vater eine Rolle, ob der Erblasser mit der Mutter verheiratet war. Daher musste ein langer Weg zurückgelegt werden, bevor dem nichtehelichen Kind ein gesetzliches Erbrecht zugestanden wurde. Entlang des Weges war der Zeitpunkt des Erbfalls für das jeweils anzuwendende Recht entscheidend.
a) Erbfälle vor dem 1.4.1998
Bevor das BVerfG im Jahre 1970 den nichtehelichen Kindern für Erbfälle nach dem 1.7.1970 einen Erbersatzanspruch nach ihrem Vater zugesprochen hatte (BVerfGE 44, 1), waren nichteheliche Kinder nicht am Nachlass ihres Vaters beteiligt. Durch die Entscheidung des BVerfG wurde dem nichtehelichen Kind bei gesetzlicher Erbfolge beim Tod seines Vaters gegen den bzw. die Erben ein schuldrechtlicher Anspruch eingeräumt.
Nach § 1934a BGB a.F. stand einem nichtehelichen Kind und seinen Abkömmlingen beim Tode des Vaters sowie beim Tode von väterlichen Verwandten neben ehelichen Abkömmlingen des Erblassers und neben dem überlebenden Ehegatten des Erblassers an Stelle des gesetzlichen Erbteils ein Erbersatzanspruch gegen den Erben in Höhe des Wertes des Erbteils zu. Neben dem Erbersatzanspruch konnte das nichteheliche Kind einen Geldanspruch auf vorzeitigen Erbausgleich durchsetzen.
Nach § 1934d BGB a.F. konnte ein nichteheliches Kind, welches das 21., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, von seinem Vater einen vorzeitigen Erbausgleich verlangen (vgl. Ebenroth/Frank ZEV 1996, 167 ff. m.w.N.)
b) Erbfälle ab dem 1.4.1998
Erst im Jahre 1998 wurde durch das Erbrechtsgleichstellungsgesetz der Erbersatzanspruch sowie der Geldanspruch abgeschafft (BGBl I 1997, 2968). An deren Stelle wurde das gesetzliche Erbrecht des nichtehelichen Kindes in ein echtes gesetzliches Erbrecht umgewandelt.
Diese Gleichstellung erfuhr aber eine Einschränkung, wonach für nichteheliche Kinder, die vor dem 1.7.1949 geboren sind, weiterhin keinerlei erbrechtliche Ansprüche zwischen ihnen und der väterlichen Familie bestanden. Diese Einschränkung wurde vom Gesetzgeber schließlich durch das Zweite Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder im Jahre 2011 mit Wirkung ab dem 29.5.2009 aufgehoben (BGBl I 2011, 615).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte auf die Individualbeschwerde eines nichtehelichen Kindes hin entschieden, dass der Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge für nichteheliche Kinder, die vor dem 1.7.1949 geboren sind, eine unzulässige Diskriminierung darstellt (EGMR ZEV 2009, 510).