Ist das Gut in Verlust geraten, beschädigt oder nicht rechtzeitig angeliefert worden, muss der Empfänger oder Absender zur Wahrung seiner Rechte aus dem Frachtvertrag gem. § 438 Abs. 1 HGB einen äußerlich erkennbaren Schaden sofort bei Ablieferung bzw. gem. § 438 Abs. 2 HGB einen äußerlich nicht erkennbaren Schaden innerhalb von sieben Tagen nach Ablieferung dem Frachtführer gegenüber reklamieren. Eine Lieferfristüberschreitung muss dem Frachtführer gem. § 438 Abs. 3 HGB innerhalb von 21 Tagen nach Anlieferung angezeigt werden. Die Reklamation bei Ablieferung ist an keine bestimmte Form gebunden, dagegen muss die Reklamation nach Ablieferung gem. § 438 Abs. 4 HGB schriftlich oder in Textform, z.B. per E-Mail, angezeigt werden.
Unterlässt der Absender bzw. der Empfänger die Reklamation auf dem Transportdokument (z.B. auf dem Frachtbrief etc.) und unterschreibt er ohne diese Abschreibung, spricht man von einer "reinen Quittung". Zugunsten des Frachtführers wird sodann gesetzlich vermutet, dass das Gut ordnungsgemäß und vollständig beim Empfänger eingetroffen ist.
Hinweis:
In den Fällen, in denen der Absender bzw. der Empfänger einen Schaden reklamiert hat, wird allerdings nicht zugunsten des Absenders bzw. des Empfängers vermutet, dass das Gut im Gewahrsam des Frachtführers in Verlust geraten ist bzw. beschädigt wurde. Denn das Gut kann u.U. bereits vor der Verladung beschädigt worden sein.
Bei Nichteinhalten der Rügefrist hinsichtlich der Überschreitung der Lieferfrist erlöschen die Ersatzansprüche gem. § 438 Abs. 3 HGB. Dagegen ist beim Unterlassen der Schadensanzeige wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes die Geltendmachung der Ersatzansprüche des Geschädigten nicht präkludiert.
In der Praxis ist man regelmäßig mit dem Problem konfrontiert, dass man bei Anlieferung die Güter nicht ausreichend kontrollieren kann und der Empfänger deshalb dem Frachtführer gegenüber eine reine Quittung ausstellt. Da die Abschreibung "unter Vorbehalt" nicht ausreichend für eine Reklamation ist (vgl. etwa Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 438 Rn 12), stellt sich die Frage, wie man in der täglichen Praxis das angelieferte Gut schnell auf Vollständigkeit und Unversehrtheit überprüfen kann. Entweder muss man den Fahrer so lange warten lassen, bis die Ware auf Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit überprüft wurde; dieses Prozedere nimmt jedoch sehr viel Zeit in Anspruch und wäre wirtschaftlich nicht vertretbar. Eine weitere, zeitlich schnelle Alternative ist es, die Palettenmaße bzw. das Gewicht der Palette zu überprüfen, um ein Indiz auf Vollständigkeit zu erhalten. Eine absolute Gewähr bietet diese Indizienprüfung aber nicht.