Der Prüfungsmaßstab für eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist gesetzlich nicht geregelt. Die Gerichte haben damit einen großen Entscheidungsspielraum und gehen nach dem sog. modell-akzessorischen/interessenbewertenden Maßstab vor (Quaas, a.a.O., Rn 252 m.w.N.).
Analog zu der behördlichen Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO (s.o. IV.2) sind zunächst die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes überwiegt i.d.R. das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse.
Bei offenen Erfolgsaussichten wird eine Abwägung der beiderseitigen Interessen vorgenommen. Die Gerichte haben insoweit ein weites Ermessen. Bei der Interessenabwägung ist der grundsätzliche Vorrang des Vollzugsinteresses zu beachten. Eine Abweichung von der gesetzgeberischen Grundentscheidung stellt die Ausnahme dar. Zu den Einzelheiten im Zusammenhang mit den Erfolgsaussichten in der Hauptsache und der Kritik an Teilen der Rechtsprechung (s.o. IV.2.a).
Beispiel:
Allein die Behauptung, eine Steuer habe erdrosselnde Wirkung, rechtfertigt nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs.
In Eilverfahren wird wegen der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit lediglich summarisch geprüft und eine Beweisaufnahme wird i.d.R. nicht durchgeführt. Es können weder schwierige Rechtsfragen abschließend entschieden noch komplizierte Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Die erforderliche Prognose über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren kann nur mit den Mitteln des Eilverfahrens getroffen werden. Demgemäß sind in erster Linie die vom Rechtsschutzsuchenden selbst vorgebrachten Einwände zu berücksichtigen, andere Fehler der Heranziehung hingegen nur, wenn sie sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich aufdrängen (OVG Münster, Beschl. v. 27.10.1999 – 13 B 843/99 m.w.N.). Der anwaltliche Vortrag in einer Antragsschrift sollte sich danach ausrichten und sich zuvorderst auf Rechtsfragen beziehen. Soweit im Einzelfall geboten, sollten auch verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen werden. Diese lassen sich in einem Eilverfahren regelmäßig nicht klären, und damit ist man der Anordnung der aufschiebenden Wirkung schon ein gutes Stück näher.
Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss, im Zweifel ohne mündliche Verhandlung und in dringenden Fällen durch den Vorsitzenden allein.
Praxishinweis:
Nach Nr. 1.5 des aktuellen Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) beträgt der Streitwert in den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO ¼ des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts (Gatz, a.a.O., S. 916). Bei teilweiser oder vollständiger Vorwegnahme der Hauptsache kann der Streitwert bis zur Höhe des Hauptsachewerts angehoben werden (Redeker/von Oertzen, a.a.O. § 80 Rn 69).