Gleich fünf Gesetzentwürfe, die das Recht der Anwaltschaft reformieren sollen, standen vor Weihnachten 2020 noch im parlamentarischen Verfahren (vgl. dazu zuletzt Anwaltsmagazin ZAP 22/2020, 1158 ff. und ZAP 23/2020, 1213 ff.). Zu zweien davon, dem Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt und zur großen BRAO-Reform, hatte der Deutsche Anwaltverein (DAV) vor den Feiertagen noch einmal eine Bilanz aufgemacht. Sie enthält sowohl Lob als auch Kritik.
Die weitestgehenden Veränderungen erwartet der DAV vom Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe – der sog. großen BRAO-Reform. Insgesamt begrüßt er den Referentenentwurf und seine Zielsetzung. Dieser entspreche in weiten Teilen den Vorschlägen des Vereins: „Wir befürworten insb. die Regelungen zur Berufsausübungsgesellschaft und den Ansatz, das Berufsrecht der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu harmonisieren”, lobte DAV-Präsidentin Edith Kindermann. Auch die Öffnung der Möglichkeiten zur interprofessionellen Verbindung werde begrüßt. Die gesetzliche Regelung der Interessenkollision bewertet der DAV als insgesamt positiv. Das daran anknüpfende, weitreichende Tätigkeitsverbot bei „sensiblem Wissen” sieht der DAV dagegen sehr kritisch: „Der Begriff des ,sensiblen Wissens' ist unscharf. An ihn anknüpfende Organisationspflichten sind daher nicht praktisch umsetzbar”, mahnt Kindermann. Die vorgesehene Regelung sei nicht sachgerecht und gerade in Berufsausübungsgesellschaften auch nicht praxistauglich. Die vorgeschlagene Ausgestaltung hindere den Nachwuchs beim Zugang zum Beruf. Hier fordert der DAV Korrekturen.
Kritischer sieht der DAV den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt. Dieser ist eine Reaktion auf die Entwicklungen im Rechtsdienstleistungsmarkt und soll den Rechtsrahmen entsprechend anpassen. Es geht auch um „Waffengleichheit”: So sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen für Inkassodienstleister und Anwaltschaft geschaffen werden. Der DAV hat jedoch Zweifel, ob die gewählten Maßnahmen geeignet und erforderlich sind, das Ziel zu erreichen oder ob diese nicht sogar den Interessen der Rechtsuchenden zuwiderlaufen: „Bedenklich ist, dass das Gesetz keinerlei Orientierung gibt, wann eine zulässige Inkassodienstleistung vorliegt, obwohl zahlreiche Rechtsfolgen daran anknüpfen. Dies führt zu weitreichender Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten”, mahnt die DAV-Präsidentin Edith Kindermann.
Die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung durch den mandatierten Rechtsanwalt lehnt der DAV, wie zuvor schon die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), ab: Der Rechtsanwalt sei nach § 3 Abs. 1 BRAO der berufene unabhängige Berater und Vertreter. Diese Unabhängigkeit wäre gefährdet, wenn im Verfahren auch um das eigene Geld gekämpft werde. Auch die Ausweitung der Zulässigkeit von Erfolgshonoraren sieht der DAV, ebenso wie die BRAK, kritisch. Vergütungsbezogene Berufspflichten, die auch weiterhin nur der Anwaltschaft obliegen sollen, würden die Wettbewerbsungleichheiten hier nicht lösen können.
Zu begrüßen ist nach Auffassung des DAV hingegen, dass im Rechtsdienstleistungsgesetz weitere Informationspflichten für Inkassodienstleister eingeführt werden sollen, um dem Verbraucher eine interessengerechte Entscheidung zu ermöglichen. Um diesem alle Risiken und Nachteile bewusst zu machen, seien die vorgesehenen Maßnahmen jedoch nicht ausreichend.
[Quelle: DAV]