Auf überwiegende Zustimmung der Sachverständigen traf der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des anwaltlichen Berufsrechts (vgl. dazu zuletzt Anwaltsmagazin ZAP 4/2021, S. 163 sowie die Kolumne von Markworth in ZAP 7/2021, S. 317 f.) in einer öffentlichen Anhörung im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Mitte April. In der Sitzung unterstützten sowohl die Vertreter der Anwaltschaft als auch Experten aus der Rechtswissenschaft die Vorlage.
Die Präsidentin des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Edith Kindermann, bezeichnete den Entwurf als wichtig, richtig und in seinen großen Leitlinien unverzichtbar. Neben grundsätzlicher Zustimmung gebe es Kritik an einzelnen Punkten. Dazu zähle die Regelung des Verbots der Vertretung von widerstreitenden Interessen. Auch andere Sachverständige hielten ein Tätigkeitsverbot wegen der Kenntnis sensibler Informationen nicht für erforderlich, da es praxisfern sei. Antje Wittmann, Mitglied des Verfassungsrechtsausschusses des DAV, erklärte in ihrer Stellungnahme, die Regelungen zur gemeinsamen Berufsausübungsgesellschaft mit anderen freien Berufen seien zu begrüßen. Sie würden der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerecht und genügten den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit.
Thomas Gasteyer, Vorsitzender des Ausschusses Berufsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV), betonte, der Entwurf trage dazu bei, die Zukunftsfähigkeit der Rechtsanwaltschaft bei Wahrung ihrer „Core Values” sicherzustellen. Die Öffnung der Berufsausübungsgesellschaften für die freien Berufe ermögliche es gerade jüngeren Anwältinnen und Anwälten sowie kleineren Sozietäten, sich weiter zu spezialisieren und im Wettbewerb mit anderen Beratern für Mandanten die erste Wahl zu bleiben. Der Berliner Rechtsanwalt und Mediator Markus Hartung erklärte, mit der Anerkennung der gemeinschaftlichen Berufsausübung sowie eines Pflichtenprogramms für Berufsausübungsgesellschaften werde sichergestellt, dass die Bewahrung der anwaltlichen Grundpflichten auch in Rechtsanwaltsgesellschaften in Form von Wirtschaftsunternehmen sichergestellt ist.
Der Vizepräsident der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), André Haug, erklärte, mit der Reform werde das Recht der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften umfassend modernisiert und an die Entwicklungen und Erfordernisse der Berufsausübung von Rechtsanwälten angepasst. Bedauerlich sei aber, dass Änderungsvorschläge seiner Kammer fast ausnahmslos keine Berücksichtigung gefunden hätten. So sei die Erweiterung der Zulässigkeit einer interprofessionellen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit bestimmten anderen Berufsgruppen auf alle Angehörige eines freien Berufes viel zu weitgehend und auch nicht erforderlich.
Die eingeladenen Juraprofessoren kamen in ihren Stellungnahmen zu unterschiedlichen Ergebnissen. So merkte Prof. Dr. Christian Wolf von der Gottfried Wilhelm Leibniz-Universität Hannover, an, dass die Reform nur eine sehr kleine Minderheit der anwaltlichen Unternehmenseinheiten betreffe und es keine praktische Notwendigkeit gebe.
Prof. Dr. Martin Henssler von der Universität zu Köln bezeichnete die Reform dagegen als seit Langem überfällig. Das Bundesjustizministerium habe einen exzellenten Gesetzesvorschlag erarbeitet, der insgesamt zu Recht als großer Wurf bezeichnet werde. In einem stimmigen Gesamtkonzept bringe er für kleinere Rechtsanwaltsgesellschaften klare Verbesserungen und trage auch der fortgeschrittenen Internationalisierung der Rechtsdienstleistungsmärkte Rechnung. Vereinzelt geäußerte grundsätzliche Kritik an dem Reformprojekt sei dagegen absolut substanzlos.
Hensslers Kölner Kollege Matthias Kilian erklärte, der Gesetzentwurf öffne sich den Realitäten des Rechtsdienstleistungsmarktes der Gegenwart und gleiche das deutsche Berufsrecht Regulierungsstandards an, die in bedeutenden internationalen Rechtsdienstleistungsmärkten bereits etabliert seien. Sichergestellt werden sollte, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten – unabhängig vom Schicksal des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPEG) – die Nutzbarkeit von offener Handelsgesellschaft (oHG) und Kommanditgesellschaft (KG), der aktuell noch handelsrechtliche Hindernisse entgegenstünden, ermöglicht werde.
[Quelle: Bundestag]