Den gesetzlich nicht geregelten Verzicht auf die Fahrerlaubnis erörtert Dauer NZV 2021, 293. Zur anwaltlichen Beratung im Führerscheinentzugsverfahren Dronkovic NJW 2021, 1443. Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden in Fällen der Alkohol- oder Drogenproblematik erläutert Rebler SVR 2021, 326. Zur Frage der MPU ab 1,1 Promille und fehlenden Ausfallerscheinungen Wagner NZV 2022, 110.
a) Cannabis
Soll eine Dauerbehandlung mit Medizinal-Cannabis i.S.v. Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV nicht zum Verlust der Fahreignung wegen regelmäßigen Konsums (Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV) führen, muss die Einnahme erstens indiziert und ärztlich verordnet sein und das Mittel zuverlässig nur nach der ärztlichen Verordnung eingenommen werden. Zweitens dürfen keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sein und die Grunderkrankung bzw. die Symptomatik darf keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweisen, die eine sichere Verkehrsteilnahme beeinträchtigt. Zudem darf drittens nicht zu erwarten sein, dass die betroffene Person in Situationen, in denen ihre Fahrsicherheit durch Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird (OVG Saarlouis zfs 2022, 57; SVR 2021, 477 [Koehl]). Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kfz, wer bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis den Konsum und das Fahren nicht trennen kann (zur vollständigen Betäubungsmittelabstinenz VGH Mannheim DAR 2022, 166). Ein einmaliger Konsum liegt nur dann vor, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurückliegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat (VGH München NJW 2022, 712).
Hinweis:
Fragen zu Cannabis im Straßenverkehr auf dem Hintergrund der beabsichtigten Legalisierung erörtern Koehl DAR 2022, 6 und Steinert SVR 2022, 15.
b) Sonstige Drogen
Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers festgestellt wurden und damit deren Einnahme nachgewiesen worden ist oder wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat. Bei Ungeeignetheit des Fahrerlaubnisinhabers ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend. Ein Ermessensspielraum steht der Fahrerlaubnisbehörde nicht zu. Eine negative Haaranalyse schließt einen einmaligen Konsum von Methamphetamin, der zur Fahrungeeignetheit führt, nicht hinreichend sicher aus. Die bloße Behauptung der Drogenabstinenz reicht regelmäßig nicht aus (VGH München NZV 2021, 647 [Pießkalla]). Aufgrund einer Gesamtschau steht ein Kokainkonsum mit hinreichender Gewissheit fest, wenn die Ergebnisse von zwei Drogenschnelltests des Speichels und des Urin hinsichtlich eines Kokainkonsums positiv ausgefallen sind, der Fahrer im Besitz einer geringen Menge dieses Betäubungsmittels war und sowohl die kontrollierende Person als auch der mit der Blutentnahme beauftragten Arzt unabhängig voneinander Drogen typische Auffälligkeiten beschrieben haben (VGH München NZV 2021, 543 [Pießkalla]). Der Konsum von „Red Bull Cola” kann im Blut vorhandene Abbauprodukte von Kokain nicht erklären (VGH München NZV 2022, 104 [Metz]). Die eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln stellt grds. einen willentlichen Konsum voraus. Die unbewusste Einnahme von Betäubungsmitteln stellt nach allgemeiner Lebenserfahrung eine seltene Ausnahme dar. Daher muss, wer sich darauf beruft, einen detaillierten, in sich schlüssigen und glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt und der damit auch zumindest teilweise der Nachprüfung zugänglich ist (VGH München, Beschl. v. 25.11.2021 – 11 CS 21.2423, zfs 2022, 114).
c) Verfahrensfragen (insb. Gutachtenanordnung)
Gemäß § 11 Abs. 8 S. 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser sich weigert, sich entgegen einer Anordnung der Beibringung eines Gutachtens untersuchen zu lassen, oder wenn er das geforderte Gutachten nicht beibringt. Bedenken gegen die körperliche bzw. geistige Fahreignung bestehen nach § 11 Abs. 2 S. 2 FeV insb., wenn Tatsachen bekannt werden, die konkret auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV hinweisen. Nicht erforderlich ist, dass eine solche Erkrankung oder ein solcher Mangel bereits feststeht. Ob die der Behörde vorliegenden Tatsachen für die Gutachtenanordnung ausreichen, ist nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (OVG Münster NZV 2022, 102 [Voigt]). Aus der Nichtbeibringung eines MPU-Gutachtens darf nur dann der Schluss auf die fehlende Fahreignung gezogen werden, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insb. anlassbezogen und verhältnismäßig ist. Bei Nichtbeibringung liegt der Schluss auf die fehlende Fahreignung nicht im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde. Vielmehr gilt ein Eignungsmangel durch die Verwei...