In Ergänzung des vorläufigen Rechtsschutzes in Anfechtungssachen ist dann, wenn Berechtigte ein Tätigwerden der Verwaltung anstreben, vorläufiger Rechtsschutz über die in § 86b Abs. 2 geregelte einstweilige Anordnung möglich. Nach S. 1 und 2 der Vorschrift kann diese erlassen werden,

  • wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung der Rechte der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung) oder
  • zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (sog. Regelungsanordnung; Muster mit Anm. s. HdB-SGG/Groth, Kap. V Rn 59 und Beck’sches Prozessformularbuch VIII. Nr. 28 f.).

Die wesentlich größere Bedeutung hat in der Praxis die Regelungsanordnung, die neben einem Anordnungsanspruch einen Anordnungsgrund erfordern, der voraussetzt, dass den Betroffenen das Ergehen der Entscheidung in der Hauptsache wegen zwischenzeitlich drohender, irreparabler Nachteile nicht abgewartet werden kann. Bei der Beurteilung ist grds. auf die Bewertung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens abzustellen. Im Hinblick auf das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG) gilt aber: Drohen den Rechtsuchenden ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (wie regelmäßig in Fällen der Existenzsicherung), so dürfen sich die Fachgerichte nur dann an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren, wenn sie die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen können. Eine solche abschließende Prüfung kommt allerdings nur in Betracht, wenn eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren möglich ist (s. BVerfG, Beschl. v. 8.7.2020 – 1 BvR 932/20, juris Rn 11). Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist eine Folgenabwägung durchzuführen (BVerfG, a.a.O.).

ZAP F. 18, S. 27–36

Von Rechtsanwalt Dr. Ulrich Sartorius, Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Breisach

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