Zusammenfassung
Vor einiger Zeit sah es so aus, als würden die NFT weltweit einen Siegeszug antreten. Zunächst in der Kunstszene etabliert, begannen sie sich auch im Sport auszubreiten. Die Bestrebungen der Sportindustrie zur Digitalisierung sind unübersehbar. Dabei geht es nicht mehr nur um das Sammeln von Daten von beispielsweise Sportlern zur Leistungsbestimmung oder für taktische Überlegungen, sondern inzwischen auch um neue Produkte zum Generieren weiterer Einnahmen für Klubs und Vereine. Inzwischen hat Skepsis Einzug gehalten. Dies mag auch an den vielen rechtlichen Herausforderungen liegen, die sich im Zusammenhang mit NFT in der Praxis stellen. Für die Anwaltschaft sind diese zu einem neuen Rechtsgebiet erwachsen.
I. Was ist NFT (Non-Fungible Token NFT)?
Ein NFT (Non-Fungible Token) ist ein nicht austauschbares Exklusivitätszertifikat dafür, dass eine bestimmte Person von einem bestimmten Referenzobjekt eine einzigartige digitale Wertmarke erstellt hat, die einem bestimmten Inhaber zugewiesen ist (Guntermann, RDi 2022, 200, Rn 7; Hoeren/Prinz, CR 2021, 565, Rn 3; Kraetzig, CR 2022, 477, Rn 5 ff.). Der Programmcode („smart contract”) wird auf der Blockchain gespeichert und ausgeführt. Er enthält den Hashwert einer im Internet gespeicherten Metadaten-Datei. In dieser Metadaten-Datei ist u.a. der Hashwert der durch den NFT verkörperten Datei abgebildet, der es jedem ermöglicht, die verkörperte Datei abzurufen, einzusehen und herunterzuladen. Auf diese Weise wird eine konkrete Datei mit dem Token nahezu untrennbar verknüpft (Guntermann, a.a.O., Rn 5).
Hinweis:
Jede digital darstellbare Information und jedes reale Referenzobjekt kann mit einem NFT verknüpft werden (z.B. Kunst, Wertpapiere, Gutscheine).
Ein entscheidendes Kriterium ist, ob der Token eine rechtliche Verknüpfung mit einem Gegenstand außerhalb der Blockchain aufweist. Werden Vermögensgegenstände mit einem Token rechtlich verbunden, d.h. schuldrechtlich oder dinglich tokenisiert, handelt es sich um einen aufgeladenen bzw. extrinsischen Token. Fehlt die Verbindung, liegt ein autonomer bzw. intrinsischer Token vor. Ein aufgeladener Token soll als „Container” für Rechtsobjekte dienen, die außerhalb der Blockchain existieren, z.B. für Rechte und Forderungen, das Eigentum an einer Sache oder Mitgliedschaftsrechte in einer Gesellschaft (beispielsweise Fan-Token). Sein Wert bestimmt sich nach dem konnexen Vermögensgegenstand. In Abgrenzung dazu soll ein autonomer Token (beispielsweise Currency-Token) seinem „Inhaber” lediglich eine systeminterne Position gewähren. Sein Wert richtet sich nach den Vorstellungen der Marktteilnehmer (Bericht v. 5.10.2022 „Gesetzgeberischer Handlungsbedarf im zivilrechtlichen Umgang mit Krypto-Token”, S. 13, https://www.justiz.nrw/JM/schwerpunkte/digitaler_neustart/zt_fortsetzung_arbeitsgruppe_teil_4/2022-10-06-Bericht-Krypto-Token-final.pdf ).
Weil jedes digitale Asset tokenisiert werden kann und damit nicht zwangsläufig ein Rechtserwerb am Referenzobjekt einhergeht, entstanden und entstehen Einnahmequellen oder Märkte für Geldanlagen, ohne, dass dahinter ein wirklicher Wert stehen müsste (BeckOK BGB/Fritzsche, 67. Ed. 1.8.2023, § 90 Rn 29). NFT bergen daher Risiken. Die abstrakten digitalen Objekte sind nur so lange wertvoll, wie es der Herausgeber, die Spieler:innen oder die Community entscheiden. Nähert sich ein Computerspiel beispielsweise dem Ende seines Lebens, würden die Besitzer:innen der NFT gern abkassieren wollen, es fehlt dann aber der Marktwert. Das widerspricht dem grundlegenden Konzept eines NFT als einzigartigem Gegenstand von einem bestimmten Wert. Blockchain-Entitäten sind daher nicht unbedingt zukunftssicher, weil sie eben nur so lange wertvoll sind, wie ihr weiterer Kontext existiert.
Auch wenn dies vielfach behauptet wird (Kaulartz/Schmid, Rechtliche Herausforderungen sog. Non-Fungible Token [NFT], S. 4, https://www.cmshs-bloggt.de/tmc/rechtliche-herausforderungen-sog-non-fungible-token-nfts/ ), belegt ein NFT nicht zwingend, dass die hinterlegte Datei das digitale Original darstellt, das unmittelbar von dem Digitalkünstler geschaffen wurde. Einerseits kann ein Künstler beliebig viele NFT von beliebig vielen Kopien seines Werks schaffen, andererseits ist nicht ausgeschlossen, dass ein Dritter einen NFT von einer „fremden” Datei minted (Guntermann, a.a.O., Rn 7).
Im Sport haben NFT vor allem in Form von digitalen Karten von Spielern, Trikots oder Sportgeräten Einzug gehalten (die virtuelle Sammelkarte Erling Haalands im BVB-Trikot wurde für umgerechnet ca. 610.000 EUR erworben). Es gibt aber auch digitale Kunstwerke, etwa im Auftrag des Mercedes-AMG Petronas F1-Team, die NBA Top Shots (digitale Videosammelkarten), sonstige Collectibles und Spiele. Inzwischen werden NFT zunehmend mit Merchandising, Ticketing, Fanangeboten (Fan-Token, VIP-Pässe) und Charity verbunden. Das NFT wird so zum Bindeglied zwischen der digitalen und realen Welt. Der Umsatz mit Sportthemen-NFT betrug von Ende 2020 bis Ende 2021 fast 600 Mrd. $, allein in der ersten Hälfte 2021 wurden rund 300...