Abweichend von den vorstehenden Ausführungen erlaubt § 2 Abs. 2 MiLoG auf der Grundlage einer individual- oder kollektivrechtlichen Vereinbarung die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos, womit die Fälligkeit für einen Teil der Arbeitsleistung faktisch hinausgeschoben wird. Im Rahmen einer solchen Vereinbarung wird i.d.R. vorgesehen, dass der Arbeitnehmer auf Grundlage seiner arbeitsvertraglich vereinbarten "Soll-Arbeitszeit" eine pauschale Vergütung erhält. Erbringt der Arbeitnehmer Arbeitsstunden über diese Soll-Arbeitszeit hinaus (Über- bzw. Mehrstunden), werden diese Überstunden dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben. Leistet der Arbeitnehmer hingegen weniger Stunden, werden sie als Minusstunden dem Arbeitszeitkonto belastet.
Zu beachten im Rahmen des MiLoG ist jedoch, dass Arbeitsstunden, die in das Arbeitszeitkonto als Über- bzw. Mehrstunden eingestellt werden, dem Arbeitnehmer innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen sind. Ein Ausgleich hat folglich innerhalb eines rollierenden Zeitraums von zwölf Kalendermonaten zu erfolgen. Eine Bindung an das Kalenderjahr besteht nicht.
Hinweis:
Wird das Arbeitsverhältnis beendet, muss der Arbeitgeber gem. § 2 Abs. 2 S. 2 MiLoG die auf dem Arbeitszeitkonto enthaltenen und noch nicht bezahlten Arbeitsstunden spätestens am Ende des auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Monats durch Zahlung des Mindestlohns ausgleichen.
Die vorbeschriebene Regelung über Arbeitszeitkonten ist allerdings generell nicht anwendbar, wenn das verstetigte Arbeitsentgelt über dem Mindestlohn liegt und der Anspruch auf den Mindestlohn damit bereits erfüllt ist. Hiervon kann auf Grundlage der arbeitszeitrechtlich zulässig Höchstdauer (48 Std./Woche) bei einem verstetigten Monatslohn i.H.v. 1.767 EUR brutto ausgegangen werden. In diesem Fall können Überstunden auch länger als zwölf Monate in ein Arbeitszeitkonto überführt werden, d.h. der Ausgleichszeitraum kann länger als zwölf Monate betragen. Liegt das verstetigte Monatseinkommen hingegen unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns, gilt der Betrachtungszeitraum von zwölf Monaten.
Darüber hinaus ist die Einstellung der Über- bzw. Mehrstunden begrenzt auf 50 % der vertraglich vereinbarten monatlichen Arbeitszeit (§ 2 Abs. 2 S. 3 MiLoG). Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass dem Arbeitnehmer ein substantieller Teil des Mindestlohns auch tatsächlich ausbezahlt wird. Nicht gemeint haben dürfte der Gesetzgeber, dass jeden Monat bis zu 50 % der vereinbarten Arbeitszeit als Zeitguthaben gutschrieben werden darf. Vielmehr dürfte beabsichtigt sein, dass die gesamte Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto nicht mehr als 50 % der monatlich vereinbarten Arbeitszeit betragen darf.
Eine Ausnahme gilt weiterhin für sog. Wertguthabenvereinbarungen. Diese sind auch als Langzeitarbeitskonto, Langzeitkonto oder Zeitwertkonto bekannt und sollen eine Freistellung, z.B. für Pflegezeit, Elternzeit, Vorruhestand oder Teilzeit finanzieren. Für diese gelten die vorstehend beschriebenen Fälligkeiten nicht (§ 2 Abs. 3 S. 1 MiLoG).