I. Einleitung
In Deutschland gilt mit dem "Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns" (Mindestlohngesetz – MiLoG) vom 11.8.2014 seit dem 1.1.2015 ein gesetzlicher und weitgehend branchenunabhängiger, flächendeckender Mindestlohn für Arbeitnehmer i.H.v. 8,50 EUR je Zeitstunde (§ 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG). Dieser Mindestlohn ist unabdingbar, der Arbeitnehmer kann auf ihn nicht verzichten (§ 3 MiLoG). Vereinbarungen, die darauf hinauslaufen, den Mindestlohn freiwillig zu unterschreiten, sind demnach grundsätzlich – von Ausnahmen abgesehen – unwirksam.
Ab dem 1.1.2017 wird gleichwohl der allgemein verbindliche Mindestlohn ohne jede Einschränkung gelten, spätestens dann müssen stets wenigstens 8,50 EUR brutto gezahlt werden. Rechtsgrundlage für die Unterschreitung des Mindestlohns aufgrund eines Tarifvertrags ist § 24 MiLoG.
Derzeit wird in folgenden Bereichen eine Vergütung unterhalb von 8,50 EUR pro Stunde gezahlt:
- Fleischindustrie (West und Ost: 8,00 EUR),
- Friseurhandwerk (bis 7/2015: 8,00 EUR [West], 7,50 EUR [Ost]),
- Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau (West: ab 1.1.2015: 7,40 EUR, ab 1.1.2016: 8,00 EUR; Ost: ab 1.1.2015: 7,20 EUR, ab 1.1.2016: 7,90 EUR),
- Textil- und Bekleidungsindustrie (Ost: ab 1.1.2015: 7,50 EUR, ab 1.1.2016: 8,25 EUR, ab 1.11.2016: 8,75 EUR),
- Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft (Ost: bis 7/2016: 8,00 EUR),
- Zeitungszusteller (ab 1.1.2015: 6,38 EUR, ab 1.1.2016: 7,23 EUR).
II. Persönlicher Geltungsbereich und Ausnahmen
1. Grundsatz: Alle Arbeitnehmer
Der persönliche Geltungsbereich bezieht sich grundsätzlich auf alle Arbeitnehmer, d.h. insbesondere auch auf Mini- oder Midi-Jobber, Werkstudenten sowie Saisonkräfte. Selbständige und freie Mitarbeiter ("Freelancer") unterliegen hingegen nicht dem MiLoG. Allerdings sollten Arbeitgeber, die ihre Arbeitsverhältnisse deswegen auf Selbständige oder freie Mitarbeiter auslagern möchten, hiervon Abstand nehmen, da allein die tatsächliche Vertragsdurchführung für die Einordnung entscheidend ist. Allein die Abänderung der Bezeichnung des Vertrags ist beispielsweise keinesfalls ausreichend.
Der persönliche Anwendungsbereich des MiLoG erfasst zudem auch Arbeitnehmer, die einen höheren Lohn als den Mindestlohn beziehen. Das MiLoG wirkt sich bei diesen Arbeitnehmern zwar nicht auf das Arbeitsentgelt aus, aber auch bei diesen Arbeitnehmern sind beispielsweise Aufzeichnungs- und Meldepflichten zu beachten.
2. Ausnahmen
Es bestehen Ausnahmen von dem gesetzlichen Mindestlohn. Die bedeutsamsten Ausnahmen sind Kinder und Jugendliche im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne Berufsabschluss (§ 22 Abs. 2 MiLoG). Der Gesetzgeber möchte damit verhindern, dass junge Menschen zugunsten des Mindestlohns auf eine Berufsausbildung verzichten. Weitere Ausnahmen vom MiLoG gelten für Auszubildende sowie ehrenamtlich Tätige (§ 22 Abs. 3 MiLoG). Außerdem sind freiwillige Dienste, wie z.B. ein freiwilliges soziales Jahr, Freiwilligendienst usw. (vgl. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d EStG), ausgenommen.
Darüber hinaus sind verschiedene Arbeitnehmer zeitweise von dem Anwendungsbereich des MiLoG ausgeschlossen. So haben Arbeitnehmer, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos, also ein Jahr und länger ohne Beschäftigung waren, die ersten sechs Monate der Beschäftigung keinen Anspruch auf den Mindestlohn, § 22 Abs. 4 MiLoG.
Praxishinweis:
Für das Vorliegen dieser Voraussetzung trifft den Arbeitgeber die Beweislast. Arbeitgeber sollten sich deshalb in entsprechenden Fällen eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit über die Dauer der Arbeitslosigkeit des Langzeitarbeitslosen aushändigen lassen. Für sie gilt der Anspruch auf den Mindestlohn für die ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung nicht.
Einen wichtigen Sonderfall stellen ferner Praktikanten dar. Grundsätzlich unterliegen Praktikanten dem MiLoG. Zu den Praktikanten gehören nach § 22 Abs. 1 S. 3 MiLoG Personen, die sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterziehen, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.
Ausgenommen von der Anwendbarkeit des MiLoG sind hingegen Personen,
- die Pflichtpraktika aufgrund schulrechtlicher-, ausbildungsrechtlicher oder hochschulrechtlicher Bestimmungen bzw. im Rahmen einer Ausbildung an einer Berufsakademie wahrnehmen,
- die Schnupper- oder Orientierungspraktika von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder Aufnahme eines Studiums leisten,
- die Praktika im Rahmen einer Berufsausbildung oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein entsprechendes Praktikumsverhältnis mit dem Arbeitgeber bestand...