1 Digitalisierung bedroht Wissensmonopol der Anwaltschaft
Der digitale Wandel bedroht mittelfristig das Wissensmonopol der Anwälte. Diese werden mit neuer und ungewohnter Konkurrenz aus dem Internet rechnen müssen. Längst noch nicht jeder Kollege habe realisiert, was da auf ihn zukomme, so das Resümee des DAV-Präsidenten Ulrich Schellenberg in seiner Eröffnungsrede auf dem diesjährigen 68. Deutschen Anwaltstag Ende Mai in Essen.
Der Anwaltstag stand in diesem Jahr unter dem Motto "Innovationen und Legal Tech". In Vorträgen und Diskussionen beschäftigten sich die Teilnehmer mit den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung für den deutschen Anwaltsmarkt und die Justiz. Eine Bedrohung für den Berufsstand im Ganzen wollte in Essen niemand an die Wand malen. Anders als bei anderen Berufen, denen die Digitalisierung bereits arg zugesetzt habe, werde bei der Rechtsberatung das anwaltliche Expertenwissen und das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant auch in Zukunft gefragt bleiben, so die überwiegende Meinung. Allerdings darf auch sicher damit gerechnet werden, dass dort, wo Routine und Abläufe die Beantwortung einfacher Rechtsfragen prägen, in Zukunft Online-Dienstleister und -Plattformen Teile des Beratungsmarktes erobern werden. Als Beispiele wurden Ansprüche aus Verbraucherschutzregelungen genannt, etwa die Abschätzung und Berechnung von Schadensersatzansprüchen nach Flugausfällen und -verspätungen. Diese Entwicklung werde mehr oder weniger alle Rechtsgebiete erfassen.
Vieles, so das Fazit, stehe in der Digitalisierung der Rechtsberatung noch am Anfang. Wer sich als Berufsträger damit allerdings nicht rechtzeitig auseinandersetze, riskiere über kurz oder lang sein Geschäftsmodell. Auch Bundesjustiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas appellierte in seinem Grußwort an die Anwälte, sich der Digitalisierung nicht zu verschließen. Aus Sicht der Verbraucher sei es begrüßenswert, wenn diese über innovative Start-up-Unternehmen in bestimmten Bereichen einen erleichterten Zugang zum Recht bekämen.
[Red.]
2 Anwaltszahlen stagnieren
Wie bereits im Vorjahr (vgl. ZAP Anwaltsmagazin 9/2016, S. 448) verkündete die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) auch in diesem Frühjahr einen nur noch geringen Anstieg bei der Zahl der Kammermitglieder. Danach weist die Mitgliederstatistik zum 1.1.2017 insgesamt 165.551 Mitglieder und damit nur einen mäßigen Zuwachs von 0,42 % zum Vorjahr aus. 15 Kammern verzeichneten einen Mitgliederzuwachs, 12 Kammern einen Rückgang der Mitgliederzahlen.
Den größten Zuwachs weisen die Kammern München (+ 1,24 %), Frankfurt und Hamburg (jeweils + 1,18 %) sowie Düsseldorf (+ 1,04 %) auf. Die stärksten Verluste haben – vom Sonderfall BGH abgesehen (dort - 6,52 %) – die Kammern Thüringen (- 2,02 %), Sachsen-Anhalt (- 1,9 %) und Brandenburg (- 1,3 %) zu verzeichnen.
Erstmals enthält die Statistik auch Zahlen zur Zulassung von Syndikusrechtsanwälten, denn nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte im vergangenen Jahr sind nunmehr die Zulassungsarten "Rechtsanwalt" (Einzelzulassung), "Syndikusrechtsanwalt" (Einzelzulassung), sowie "Syndikusrechtsanwalt und Rechtsanwalt" (Doppelzulassung) zu unterscheiden. Danach waren zum Jahresbeginn 957 Syndikusrechtsanwälte und 8.738 Syndikus- und Rechtsanwälte (Doppelzulassung) bei den Rechtsanwaltskammern zugelassen.
[Quelle: BRAK]
3 "Kleine BRAO-Reform" verkündet
Am 17. Mai ist das "Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe", die sog. Kleine BRAO-Reform, im BGBl verkündet worden und in Teilen bereits am Tag danach in Kraft getreten (BGBl I, S. 1121). Es enthält eine Reihe von Änderungen an der BRAO sowie an weiteren Gesetzen, etwa dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG), an der Patentanwaltsordnung (PAO) und dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).
Bereits am 18. Mai in Kraft getreten sind die Neuregelungen zur weiteren Kanzlei (§ 27 BRAO) sowie zur Führung der Handakte (§ 50 BRAO). Ebenfalls mit Wirkung ab 18. Mai hat die Satzungsversammlung die Befugnis erhalten, die Zustellung von Anwalt zu Anwalt neu zu regeln, um hier – entgegen einem BGH-Urteil aus 2015 – die Berufspflicht des Anwalts festzuschreiben, an einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt mitzuwirken.
Rückwirkend zum 1.1.2016 wurde das Zulassungsverfahren von Syndikusrechtsanwälten geändert. Unter anderem wird hier die Mitgliedschaft in der Kammer rückwirkend mit der Stellung des Zulassungsantrags wirksam, so dass die Befreiung des Antragstellers von der gesetzlichen Rentenversicherung zurückwirkt.
Am 1. Januar kommenden Jahres tritt dann die Regelung zur (passiven) Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt muss jeder Rechtsanwalt Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das beA zur Kenntnis nehmen. Noch etwas später – am 1. Juli kommenden Jahres – tritt die Regelung zur Einführung der Briefwahl in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt können alle Anwältinnen und Anwälte ihre Kammervorstä...