Das auf der Gehaltsabrechnung ausgewiesene Nettoeinkommen ist aber nicht unbedingt das pfändungsrelevante Nettoeinkommen, denn manche Einkommensbestandteile sind unpfändbar, vor allem aufgrund von § 850a ZPO.
a) Unpfändbare Bezüge
Zitat
§ 850a ZPO Unpfändbare Bezüge
Unpfändbar sind
1. |
zur Hälfte die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens; |
2. |
die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treugelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen; |
3. |
Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen; |
4. |
Weihnachtsvergütungen bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 Euro; (...) |
Hierzu einige Anmerkungen:
- § 850a Nr. 1: Mehrarbeitsstunden sind nur Stunden, die über die tariflich übliche Arbeitszeit hinaus geleistet werden (Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl. 2013, Rn 981). Teilzeitbeschäftigte, die über ihre vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeiten, leisten noch keine Mehrarbeitsstunden in diesem Sinne. Die hälftige Pfändbarkeit erfasst den gesamten Lohn, also auch die Überstundenzuschläge und andere für die geleisteten Überstunden gewährten Zuschläge (z.B. den Samstagszuschlag). Soweit die Überstunden nicht ausbezahlt, sondern einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben oder abgefeiert werden, sind diese bei der Pfändung nicht herauszurechnen (s. dazu Grote/Zamaitat, a.a.O., Rn 28 ff.).
- § 850a Nr. 2: Das Urlaubsgeld, das dem Arbeitnehmer aus Anlass seines Urlaubs quasi als Zuschuss zu den Reisekosten gezahlt wird, ist im Rahmen des Üblichen (Branche, Tarifvertrag) nicht pfändbar. Auch wenn die Zahlung von einem halben Bruttogehalt nicht mehr allgemein üblich ist, fällt sie nicht aus dem Rahmen des Üblichen (BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – IX ZB 239/10, ZInsO 2012, 970 f.). Als "Urlaubsstunden" oder "Urlaubsentgelt" wird bei gewerblichen Arbeitnehmern häufig die Lohnfortzahlung während des Urlaubs bezeichnet. Diese ist natürlich in vollem Umfang nach der Tabelle pfändbar, genauso wie die Urlaubsabgeltung (BAG, Beschl. v. 28.8.2001 – 9 AZR 611/09, JurBüro 2003, 214 f.), die allerdings nur bei einem Ausscheiden aus dem Betrieb gezahlt werden darf.
§ 850a Nr. 3: Spesen, die für auswärtige Beschäftigung gezahlt werden und alle möglichen Arten von Aufwendungsersatz wie Reisekosten, Übernachtungsgeld, Kilometergeld, Telefonkosten, Vergütungen für Treibstoff oder Kfz-Haltung sind hiernach unpfändbar.
Auch Auslösungen und sonstige Entschädigungen sind nach § 850a Nr. 3 ZPO im Rahmen des Üblichen der Pfändung entzogen (Stöber, a.a.O., Rn 994). Für den Maßstab des Üblichen wird oft das Steuerrecht herangezogen. Es ist unstreitig, dass Spesen jedenfalls dann unpfändbar sind, wenn sie steuerfrei sind. Sind sie dagegen steuerpflichtig, so sind sie nach der h.M. auch nicht als unpfändbar anzusehen (LG Essen JurBüro 1970, 537; dem folgend Stöber, a.a.O., Rn 990, so wohl auch BAG, Urt. v. 23.8.2017 – 10 AZR 859/16, NJW 2017, 3675 ff., hierzu auch Gundel/Sartorius ZAP F. 17 R, S. 918 – in diesem Heft).
Unpfändbar sind auch Gefahren-, Schmutz- und Erschwerniszulagen. Diese sollen besonders erschwerte Arbeitsbedingungen abgelten, z.B. Hitze, Staub, Säure, Tunnelarbeiten etc. Zu den unpfändbaren Erschwerniszulagen gehören auch steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, nicht aber Zuschläge für Spät-, Samstags- und Schichtarbeit (BAG, Urt. v. 23.8.2017 – 10 AZR 859/16, NJW 2017, 3675 ff., hierzu auch Gundel/Sartorius ZAP F. 17 R, S. 918 – in diesem Heft).
- § 850a Nr. 4: Wann eine Sonderzahlung zum Jahresende als teilweise unpfändbare Weihnachtsvergütung anzusehen ist (bis 500 EUR brutto), ist umstritten. Das BAG hat die zeitliche Nähe der Sonderzahlung zum Weihnachtsfest nicht als alleiniges Indiz ausreichen lassen. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber eine Jahresendprämie zahlen wollte oder eine Unterstützung aus Anlass des Weihnachtsfestes (BAG, Urt. v. 14.3.2012 – 10 AZR 778/10, JurBüro 2012, 493 f.; Stöber, a.a.O., Rn 999a; ausf. Grote/Zamaitat, a.a.O, Rn 348). Die Bezeichnung als "Weihnachtsgeld" auf der Lohnabrechnung ist sicher als weiteres Indiz ausreichend.
b) Ermittlung des Einkommens (Nettomethode)
Während früher die unpfändbaren Beträge einfach mit ihrem Bruttobetrag vom Nettoeinkommen abgezogen wurden, hat das BAG in seiner Grundsatzentscheidung vom 17.4.2013 Abschied von der "Bruttomethode" genommen und entschieden, dass die unpfändbaren Beträge entweder brutto vom Brutto oder netto vom Netto abzuziehen sind (BAG, Urt. v. 17.4.2013 – 10 AZR 59/12, NJW 2013, 2924 ff.).
Das macht dem Lohnbüro keinerlei Schwierigkeiten, aber für den Anwalt ist das nur bedingt nachzurechnen, da die Steuer- und Sozialversicherungsanteile aus den unpfändbaren Beträgen herausgerechnet we...