Das BAG hatte in seinem Urteil vom 17.10.2017 (9 AZR 80/17, NJW 2018, 250) hinsichtlich eines geltend gemachten Anspruchs auf Urlaubsabgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG) über die Anwendbarkeit folgender arbeitsvertraglichen Ausschlussklauseln zu entscheiden:
Zitat
§ 9 Ausschlussklausel
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen, sind innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind verfallen. Der Ausschluss gilt nicht, soweit ein Anspruch aus der Haftung wegen Vorsatz beruht.
Die Arbeitsvertragsparteien hatten in dem vorausgehenden Kündigungsrechtsstreit am 13.11.2015 einen Vergleich geschlossen, demzufolge das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 28.9.2014 fristgemäß mit Ablauf des 31.10.2014 endete. In diesem Zusammenhang erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auf Hinweis des Klägers, es stünden noch Urlaubsansprüche offen, das Arbeitsverhältnis werde ordnungsgemäß abgerechnet. In der von der Beklagten erstellten Schlussabrechnung von November 2015 war ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen ausgewiesen. Mit seiner jeweils im Dezember 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten zugestellten Klage, hat der Kläger die Abgeltung von 30 Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 nebst Zahlung einer Sonderurlaubsprämie verlangt. Die Beklagte vertrat die Auffassung, etwaige Ansprüche des Klägers seien verfallen.
Die Klage blieb in allen drei Instanzen erfolglos. Die Ausschlussklausel ist rechtswirksamer Vertragsbestandteil geworden. Sie ist – als AGB (§ 305 Abs. 1 S. 1, 2 BGB) – nicht überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB. Auch das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB steht der Klausel nicht entgegen. Die Klausel ordnet eindeutig den Verfall der Ansprüche an, wenn diese nicht innerhalb der Ausschlussfrist von 3 Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden. Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB läge für den streitgegenständlichen Zeitraum selbst bei einer Auslegung der Klausel nicht vor, der zufolge diese grundsätzlich auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 MiLoG erfasse (s. hierzu BAG, Urt. v. 24.8.2016 – 5 AZR 703/15, NZA 2016, 1539 Rn 21). Ein Verstoß gegen § 3 S. 1 MiLoG liegt bereits deshalb nicht vor, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits mit Ablauf des 31.10.2014 beendet wurde und der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erst seit dem 1.1.2015 besteht (vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG).
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung war mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.10.2014 fällig (§ 7 Abs. 4 BUrlG) und hätte unter Beachtung der Ausschlussklausel spätestens bis zum 31.1.2015 schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden müssen. Diese Frist hat der Kläger nicht gewahrt. Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung gem. § 271 Abs. 1 BGB sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. Fehlen Sonderregelungen, gilt der Grundsatz sofortiger Fälligkeit der Leistung, auch in den Fällen, in denen Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt arbeitsunfähig sind (s. bereits BAG, Urt. v. 21.2.2012 – 9 AZR 486/10, NZA 2012, 750 Rn 23). Der Kläger hat die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage im Jahre 2014 nicht gewahrt.
Allein mit einer Bestandsschutzklage wahrt der Arbeitnehmer eine einstufige Ausschlussfrist bzw. die erste Stufe einer zweistufigen Ausschlussfrist für alle aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche. Mit einer solchen Klage erstrebt der Arbeitnehmer nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern bezweckt darüber hinaus, sich die vom Erfolg der Kündigungsschutzklage abhängigen Ansprüche, insbesondere die Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs, zu erhalten.
Hinweis:
Die Ansprüche müssen weder ausdrücklich bezeichnet, noch beziffert werden (s. im einzelnen BAG, Urt. v. 16.3.2016 – 4 AZR 421/15, NZA 2016, 1154; hierzu Gundel/Sartorius ZAP F. 17 R S. 863 f., dort auch zu der Rechtsprechung des BAG zu Verfallklauseln, die sprachlich verschränkt sind, jedoch inhaltlich trennbare Regelungen für verschiedene Arten von Ansprüchen enthalten, die teilweise unwirksam sind, jedoch zur Auslegung der verbleibenden, wirksamen Regelung herangezogen werden können, ZAP F. 17 R S. 865).
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung hingegen knüpft nicht an den Erfolg der Kündigungsschutzklage, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, an, sondern setzt mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade das Gegenteil voraus. Die Erhebung einer Bestandschutzklage vermag eine ausdrückliche schriftliche Geltendmachung nur insoweit zu ersetzen, als sie dieselbe Zielrichtung verfolgt, d.h. einen mit dieser vergleichbaren Bedeutungsgehalt aufweist. ...