Der Fall, dass ein Rechtsanwalt einen von seinem Mandanten oder Dritten erhaltenen Vorschuss auf seine Anwaltsvergütung nicht ordnungsgemäß abrechnet, kommt in der Praxis gar nicht einmal so selten vor. Der BGH hat sich jüngst (RVGreport 2019, 208 [Hansens] = AGS 2019, 170 m. Anm. N. Schneider) mit den damit zusammenhängenden Problemen befasst.
Der Fall des BGH
In dem der BGH-Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger die beklagte Anwaltssozietät mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber einem Pächter beauftragt. Die Anwälte waren hieraufhin vorgerichtlich und – bis zur Kündigung des Mandats durch den Kläger – auch im ersten Rechtszug gerichtlich tätig. Das Prozessgericht der ersten Instanz hatte in seinem Urteil den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert auf 90.549,87 EUR festgesetzt. Der Kläger hatte im Zeitpunkt der Kündigung des Anwaltsvertrags an die Rechtsanwälte Vorschüsse i.H.v. insgesamt 5.920,25 EUR gezahlt. Auf die vorprozessuale Aufforderung des Klägers, über ihre Tätigkeit eine ordnungsgemäße Kostenberechnung zu erstellen, haben die Anwälte nicht reagiert. Der Kläger hat hieraufhin die den Anwälten seiner Meinung nach zustehende Vergütung errechnet und den seiner Auffassung nach überzahlten Betrag i.H.v. 1.145,37 EUR beim AG Pirna eingeklagt. Das AG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das LG Dresden hat die hiergegen eingelegte Berufung der Anwaltssozietät zurückgewiesen. Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Revision führte zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
1. Anspruch auf Rückzahlung des Vorschusses
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Vorschüsse ist nach Auffassung des BGH nicht § 812 BGB. Vielmehr ergebe sich der Rückzahlungsanspruch aus jedenfalls entsprechender Anwendung der §§ 675, 667 BGB (s. hierzu auch BGH RVGreport 2018, 150 [Hansens] = AGS 2018, 60). Der BGH hat darauf hingewiesen, dass die beklagte Anwaltssozietät ihrer Verpflichtung, unmittelbar nach Kündigung des Mandats die erhaltenen Vorschüsse abzurechnen, nicht nachgekommen ist. Damit hat sich der BGH gegen die Argumentation des AG Pirna gewandt, das den Rückzahlungsanspruch des Klägers allein mit der fehlenden Abrechnung gem. § 10 RVG begründet hatte. Diese Vorschrift gelte – so der BGH – nur für die Einforderung der Vergütung. Der Rückzahlungsanspruch hänge jedoch von der Erteilung einer entsprechenden Kostenberechnung nicht ab. Vielmehr setze er voraus, dass der Vorschuss, den der Anwalt vom Auftraggeber zur Ausführung des Auftrags erhalten habe, nicht verbraucht worden sei. Soweit hingegen dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch entstanden und dieser fällig geworden sei, bestehe ein Rückzahlungsanspruch des Mandanten hinsichtlich des erhaltenen Vorschusses nicht.
2. Darlegungs- und Beweislast des Auftraggebers
Der BGH hat darauf hingewiesen, dass der Auftraggeber, hier also der Kläger, für die tatsächlichen Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs darlegungs- und beweispflichtig ist. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass die beklagte Anwaltssozietät ihrer Verpflichtung auf Abrechnung des Vorschusses und Erteilung einer Kostenberechnung nicht nachgekommen sei. Soweit erforderlich könne der Auftraggeber einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen den Anwalt gesondert geltend machen, um den Zahlungsanspruch vorzubereiten.
3. Verjährung des Rückzahlungsanspruchs
Gemäß § 195 BGB verjährt der aus §§ 675, 667 BGB herzuleitende Anspruch auf Rückzahlung eines nicht verbrauchten Vorschusses innerhalb von drei Jahren. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen müsste. In der Literatur ist allerdings umstritten, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Vorschüsse entsteht:
- Nach einer Auffassung entsteht dieser Anspruch erst mit der Abrechnung gem. § 10 RVG (s. AnwK-RVG/N. Schneider, 8. Aufl., § 9 Rn 95).
- Der BGH hat sich jedoch der Gegenauffassung (Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., § 9 Rn 23) angeschlossen, wonach auf den Zeitpunkt der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs abzustellen ist.
Dem steht nach Auffassung des BGH nicht entgegen, dass hier die beklagte Anwaltssozietät über den Vorschuss nicht ordnungsgemäß abgerechnet hatte. Der Mandant – hier also der Kläger – ist nach Auffassung des BGH durch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geschützt, der auf die Kenntnis des Mandanten von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Verpflichteten abstellt. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass der Mandant diese Kenntnis oft erst aufgrund einer ordnungsgemäßen Abrechnung des Vorschusses erlangen werde oder aufgrund einer anderweitigen rechtlichen Beratung, die den Hinweis auf die drohende Verjährung einschließe.
4. Höhe des Rückzahlungsanspruchs
a) Gerichtliche Vertretung
Zwischen den Parteien des vor dem BGH anhängigen Rechtsstreits war unstreitig, dass der beklagten Anwaltssozietät eine Verfahrensgebühr, eine Terminsgebühr, ...