Ein sachlicher Grund für eine Befristung wegen vorübergehenden Bedarfs i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer ein Projekt oder eine Zusatzaufgabe zugewiesen wird, für deren Erledigung das Stammpersonal nicht ausreicht.
Dem BAG (BAG, Urt. v. 21.11.2018 – 7 AZR 234/17, NZA 2019, 611) lag der Fall einer Arbeitnehmerin vor, die zwischen dem 5.1.2009 und dem 30.6.2015 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge bei einer im Auftrag der Bundesregierung tätigen Entwicklungshilfeorganisation – der Beklagten – beschäftigt war. Zunächst war sie als Sachbearbeiterin tätig, später als Projektleiterin bzw. Koordinatorin in unterschiedlichen Projekten, die bei der Beklagten in mehr als 20 Sektorenbereichen geführt werden. Zuletzt war die Klägerin auf Grundlage von Sachgrundbefristungen in zwei Projekten tätig: dem Projekt "Capacity Building" und dem Projekt "German Health Care Partnership". Die Bundesregierung stellte für beide Projekte zum Ablauf des 31.3.2015 die Bewilligung von Mitteln ein. Verschiedene weitere Projekte wurden fortgeführt. Die Klägerin beantragt mit der Befristungskontrollklage festzustellen, dass das bestehende Arbeitsverhältnis durch die Befristungsvereinbarung nicht zum 30.6.2015 beendet wurde.
Die Klage blieb in allen drei Instanzen erfolglos. Die Sachgrundbefristung war wirksam. Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG kann aus zwei Gründen entstehen: (1) Durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben oder (2) durch Übernahme eines Projekts im Sinne einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht.
Nach der Rechtsprechung des Siebten Senats setzt der Sachgrund voraus, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, nach dem geplanten Vertragsende bestehe für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr. Diese Prognose ist Teil des Sachgrunds. Hingegen reicht die allgemeine Unsicherheit über zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeiten nicht aus, die Befristung zu rechtfertigen. Sie ist Teil des gewöhnlichen Unternehmerrisikos.
Der Siebte Senat grenzt ab:
(1) |
Besteht ein zeitlich begrenztes Projekt, liegt eine gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe vor, die nicht dauerhaft wahrgenommen wird. Das Vorliegen eines solchen Projekts – so das BAG – werde durch Drittmittelfinanzierung indiziert. |
(2) |
Im Gegensatz dazu liegt eine Ausweitung der betrieblichen Tätigkeit im Bereich der Daueraufgaben vor, wenn diese mit unvorhersehbaren besonderen Anforderungen in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals verbunden seien und deshalb unvorhersehbaren Personalbedarf sowohl in quantitativer Hinsicht als auch in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals verursachen würden. |
Konkret hat das BAG die Fremdmittelfinanzierung durch die Bundesregierung als Beleg für eine Projektbefristung gesehen. Die speziell finanzierten Projekte seien abgrenzbare Sonderaufgaben, die sich von den übrigen Aufgaben der Beklagten unterschieden.
Hinweise:
- Der Siebte Senat bestätigt seine Rechtsprechung und setzt diese fort. Der die Sachgrundbefristung tragende objektive Zusatzbedarf kann aus zwei Gründen resultieren: (1) Aus einem abgrenzbaren Projekt oder (2) aus einer Ausweitung von Daueraufgaben.
- Der Arbeitgeber ist gut beraten, wenn er im Zeitpunkt der Befristungsabrede konkrete Anhaltspunkte für die von ihm darzulegende Prognose sammelt und dokumentiert, um der Darlegungs- und Beweislast genügen zu können. Besteht die auf Tatsachen gegründete Prognose, ist unerheblich, ob der befristet beschäftigte Arbeitnehmer nach Fristablauf aufgrund seiner Qualifikation auf einem freien Arbeitsplatz außerhalb des Projekts befristet oder unbefristet beschäftigt werden könnte.
- Die Begründung ist auf den öffentlichen Bereich zugeschnitten. Sie ist auf Private nicht ohne Weiteres übertragbar, weil eine Finanzierung von Sonderaufgaben durch Dritte als Indiz für ein abgrenzbares, die Befristung rechtfertigendes Projekt, einem Privatunternehmen im Regelfall nicht zur Verfügung steht.
- Der Arbeitgeber kann Daueraufgaben nicht zu Projekten definieren ("künstlich zergliedern"), um so einen Sachgrund zu schaffen (vgl. Rn 27).