I. Begrifflichkeiten rund um das "Homeoffice" und das "mobile" Arbeiten
"Homeoffice" wird umgangssprachlich gern als Oberbegriff für dezentrales, flexibles und IT-/TK-gestütztes Arbeiten verwandt. Für den richtigen Einstieg in das Thema und mit Blick auf unterschiedliche rechtliche Anforderungen und Vorgaben ist es zweckmäßig, zunächst zwischen den Erscheinungsformen modernen Arbeitens außerhalb der Betriebsstätte des Arbeitgebers sauber abzugrenzen (vgl. Picker NZA-Beilage 2021, 4; Schiefer DB 2021, 114 und DB 2021, 1334; Hidalgo NZA 2019, 1449).
1. Telearbeit
Telearbeit bezeichnet Formen der räumlich dezentralisierten, über Kommunikationsgeräte organisierten Arbeitsweise (Teleheimarbeit, alternierende Telearbeit oder mobile Telearbeit; zur Abgrenzung zwischen Mobiler Arbeit und (alternierender) Telearbeit (vgl. etwa Tarifvertrag zur Mobilen Arbeit und Telearbeit im ZDF in § 2 Definitionen). Gemäß § 2 Abs. 7 ArbStättV sind Telearbeitsplätze vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte, wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Der Telearbeitsplatz ist bestenfalls vergleichbar gestaltet und eingerichtet wie ein Bildschirmarbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers.
2. Homeoffice
Beim Homeoffice richtet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit dessen Einverständnis (Vereinbarung, keine einseitige Anordnung vgl. LAG Berlin, Urt. v. 14.11.2018 – 17 Sa 562/18, BeckRS 2018, 34001, Arg. ex Art. 13 Abs. 1 GG wegen Unverletzlichkeit der Wohnung) auf Grundlage einer Vereinbarung eine Arbeitsumgebung in dessen Zuhause einschließlich Büromöbel und technischer Ausstattung ein. Das Homeoffice unterfällt im Gegensatz zur Telearbeit nicht der ArbStättV.
3. Mobile Arbeit
Mobile Arbeit (auch: mobile work oder office) stellt eine Form des ortsunabhängigen Arbeitens (= kein fester Arbeitsort) mit oder ohne Informations- und Kommunikationstechnik dar, die ggf. auch situativ, unregelmäßig oder fallweise stattfindet, aber gesetzlich nicht definiert ist. Arbeitnehmer, die durchgehend, ausschließlich mobil arbeiten, haben keinen festen Arbeitsplatz, weder im Büro noch zu Hause. Sie erbringen ihre Leistung, ohne dass ihr Arbeitsplatz vorgegeben ist. Auch wer etwa in einem Café sitzt, sich im Hotel, auf einer Reise oder im eigenen Garten befindet und dort an seinem Laptop dienstliche E-Mails beantwortet, arbeitet mobil ("anywhere"; zur Begriffsdefinition Schöllmann NZA-Beilage 2019, 81).
Präzise sollte man mobiles Arbeiten daher als ortsungebundenes Arbeiten außerhalb der Betriebsstätte an einem Ort, den der Arbeitnehmer frei gewählt oder mit dem Arbeitgeber vereinbart hat, definieren. Das Homeoffice unterscheidet sich vom Mobile Office nur dadurch, dass sich der Arbeitsplatz im Privatbereich des Beschäftigten befindet – und nicht an anderen oder wechselnden Orten (vgl. Picker a.a.O., 4, 5; Dohrmann NZA 2021, 691).
4. Hybride oder alternierende Modelle, Desksharing
Schließlich gibt es hybride oder alternierende Modelle, die die Arbeit im Betrieb mit einer Arbeit im "Homeoffice" kombinieren. Dies kann auch Desksharing (vgl. Schöllmann a.a.O, 81; Oltmanns/Fuhlrott NZA 2018, 1225) einschließen. Bei dieser Arbeitsorganisation buchen sich die Arbeitnehmer für ihre Präsenzarbeitstage im Betrieb einen Schreibtisch, ihre Arbeitsunterlagen werden während ihrer Abwesenheit vom Betrieb in Rollcontainern aufbewahrt. Dieser Ansatz zielt v.a. auf die Einsparung von Betriebskosten durch innovative Flächennutzungskonzepte unter gleichzeitiger Einplanung von durchschnittlichen Ausfall-/Abwesenheitszeiten der Beschäftigten durch Krankheit, Urlaub etc.
Praxistipp:
Mit Blick darauf, dass bislang kaum verbindliche gesetzliche Definitionen, Vorgaben oder Regelungen rund um das Thema Homeoffice und "mobiles" Arbeiten bestehen, haben die Tarif-, Betriebs- und Vertragsparteien einen weiten Gestaltungsspielraum bei der inhaltlichen Ausgestaltung "mobilen" Arbeitens. Dieser Spielraum will im wechselseitigen Interesse genutzt werden, was voraussetzt, dass die notwendigen und sinnvollen Regelungsinhalte in ihrer rechtlichen Bedeutung bekannt sind und sie in gut strukturierte, transparent gestaltete sowie praktisch umsetzbare Vereinbarungen entsprechend dem spezifischen Bedarf umgesetzt werden.
II. Wirtschaftliche Bedeutung
Wirtschaft und Arbeitswelt befinden sich in einem dynamischen, tiefgreifenden und strukturellen Umbruch. Dieser Wandel wird insb. durch die Digitalisierung getrieben und deshalb unter dem Schlagwort "Arbeit 4.0" erfasst (vgl. Besgen/Prinz, Arbeiten 4.0, 5. Aufl. 2022 und den Referentenentwurf des BMAS zum Entwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit [Mobile Arbeit-Gesetz – MAG]). Mit Blick auf Vernetzung und technische Möglichkeiten setzt sich unter Kosten-/Nutzen-Gesichtspunkten, mit Blick auf eine gute Work-Life-Balance, Arbeitszeitsouveränität, Mitarbeiterbindung, Recruiting und Nachhaltigkeit zunehmend eine dezentralisierte Arbeitskultur durch. Die Corona-Pandemie wirkt dabei wie ein Katalysator (Picker a.a.O.). Der Arbeitsplatz "Homeoffice" hat sich in vielen Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung aus der ...