Nicht selten kommt es vor, dass sich auf einer Webseite mehrere Widerrufsbelehrungen befinden, z.B. unter einem Menüpunkt "Widerrufsrecht" und ein weiteres Mal in einem komplexen AGB-Regelwerk. Soweit die Belehrungen inhaltlich identisch und gesetzeskonform sind, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Praktisch gesehen, ist diese Gestaltung allerdings nicht zu empfehlen. Denn sie birgt die Gefahr, dass bei einer Änderung oder Aktualisierung nur eine Version berücksichtigt wird. Der häufigste Fall ist, dass die unter einem gesonderten Menüpunkt "Widerrufsrecht" vorgehaltene Widerrufsbelehrung aktuell ist, sich in der (seit Jahren nicht überarbeiteten) AGB-Sammlung aber noch eine durch Gesetzesänderung überholte Version befindet. In diesem Falle gilt, dass jede Version korrekt sein muss. Lediglich eine richtige Version genügt nicht. In dem Falle liegt ein Wettbewerbsverstoß vor und die Widerrufsfrist beginnt nicht zu laufen (sie endet dann erst nach 12 Monaten und 14 Tagen, § 355 Abs. 3 S. 2 BGB).
Einen ähnlich gelagerten Fall hatte der BGH (Urt. v. 20.5.2021 – III ZR 126/19, Unwirksamkeit einer Widerrufsbelehrung) zu entscheiden. Für einen Online-Partnervermittlungsvertrag hatte die Beklagte in ihren AGB korrekt gemäß dem amtlichen Muster belehrt. Unter einem Link "Hinweise zum Wertersatz" folgten dann Bedingungen zu den Rechtsfolgen nach einem Widerruf, die nach § 312k Abs. 1 S. 1 BGB als vom Gesetz abweichende Vereinbarungen unwirksam waren. Die Klägerin hatte wirksam widerrufen. Die Beklagte behielt im Rahmen der Rückabwicklung des Vertrages einen erheblichen Teil der Vergütung als Wertersatz ein. Der BGH entschied zugunsten der Klägerin. Da die zusätzliche Belehrung über die Folgen des Widerrufs (Link "Hinweise zum Wertersatz") unwirksam war, somit – insgesamt gesehen – eine falsche Belehrung erteilt wurde, kam kein Wertersatzanspruch in Betracht; dieser setzt nämlich eine wirksame Belehrung voraus (§ 357 Abs. 8 S. 2 BGB). Der Leitsatz des BGH-Urteils lautet:
Zitat
Ein Unternehmer, der die Muster-Widerrufsbelehrung nach Anlage 1 zum EGBGB verwendet, kann sich auf die Schutzwirkung des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB nicht berufen, wenn der Verbraucher durch eine weitere – formal oder inhaltlich nicht ordnungsgemäße – Belehrung irregeführt oder von einer rechtzeitigen Ausübung seines Rechts abgehalten wird (Fortführung von BGH, Urt. v. 16.12.2015 – IV ZR 71/14, juris Rn 11 sowie Abgrenzung von BGH, Beschl. v. 2.4.2019 – XI ZR 463/18, juris).