Ein Unternehmen, das mit alkoholischen und alkoholfreien Getränken aller Art handelt, bot in seinem Onlineshop unter der Bezeichnung „W” ein Sortiment von Bieren, Biermischgetränken und anderen Getränken zum Verkauf an. Ein Bierprodukt wurde dort auf dem vorderen Etikett der abgebildeten Flasche mit den Angaben „CO2-positives Bier” und „klimaneutrale Herstellung” beworben. Über einen QR-Code auf der Flasche konnte die Internetseite des Unternehmens aufgerufen werden. Ein Verein zur Förderung gewerblicher Interessen hielt diese Bewerbung mit klimapositiven Eigenschaften für irreführend. Die Herstellung und der Vertrieb des Bieres verbrauchten ohne Zweifel CO2. Dem Verbraucher würde auf dem Etikett aber nicht offengelegt, worauf die fraglichen Behauptungen tatsächlich beruhten. Dieser werde nicht hinreichend über die Grundlage der klimabezogenen Werbeaussagen informiert. Der Verein forderte das Unternehmen vorgerichtlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Da das Unternehmen deren Abgabe verweigerte, erhob der Verein Klage zum LG München I. Dieses verurteilte das Unternehmen antragsgemäß (Urt. v. 8.12.2023 – 37 O 204/23).

Der Verein habe gegen das Unternehmen einen Anspruch auf Unterlassung der Angaben „CO2-positives Bier” und „klimaneutrale Herstellung” nach § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 1 UWG.

Es könne offenbleiben, ob diese Begriffe für sich gesehen irreführend seien. Dagegen spreche, dass nach dem Verständnis des Durchschnittverbrauchers eine klimaneutrale Herstellung ebenso unmöglich sei wie eine CO2-positive Bilanz bei Herstellung und Vertrieb eines Produktes. Der Durchschnittsverbraucher rechne daher damit, dass die fraglichen Werbeaussagen letztlich nur durch Kompensationsmaßnahmen erfüllt werden könnten. Die Information, auf welche Weise eine klimaneutrale Herstellung bzw. eine CO2-positive Bilanz eines Produktes erreicht werde, sei jedoch eine wesentliche Information i.S.d. § 5a Abs. 1 UWG (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.7.2023 – 20 U 72/22; im diesbezüglichen Revisionsverfahren (I ZR 98/23) fand am 18.4.2023 die mündliche Verhandlung statt, die Entscheidung soll am 27.6.2024 verkündet werden). Der Klimaschutz sei für Verbraucher ein zunehmend wichtiges und auch den Alltag bestimmendes Thema. Bezogen auf das streitgegenständliche Bier-Produkt seien Aussagen zum Klimaschutz auch geeignet, die Kaufentscheidung des Verbrauchers maßgeblich zu beeinflussen. Gerade dann, wenn der Verbraucher wisse, dass eine ausgeglichene Klimabilanz auch durch Kompensationsmaßnahmen erreicht werden könnte, bestehe ein Interesse an einer Aufklärung über grundlegende Umstände der von dem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität bzw. CO2-positiven Bilanz. In der heutigen Zeit, in der Unternehmen in Verdacht des sog. Greenwashing kämen und in der Ausgleichsmaßnahmen kontrovers diskutiert würden, sei es wichtig, den Verbraucher über die Grundlagen der jeweils werbenden Behauptung aufzuklären. Er habe daher ein maßgebliches Interesse daran, inwieweit behauptete Klimaneutralität durch Einsparung oder durch Ausgleichsmaßnahmen – und ggf. welche Ausgleichsmaßnahmen – erreicht würden. Dem Verbraucher müssten die Bewertungsmaßstäbe daher offengelegt werden.

Eine derart notwendige Information sei durch die Beklagte nicht erteilt worden. Das Argument der Beklagten, dass entsprechende Erläuterungen auf ihrer Internetseite vorhanden seien, die über den abgedruckten QR-Code erreichbar sei, überzeugten nicht. Es könne dahingestellt bleiben, ob grds. ein Hinweis auf eine entsprechende Internetseite ausreichend sei. Im vorliegenden Fall enthalte die entsprechende Werbung auf dem Etikett zur Klimaneutralität und CO2-positiven Bilanz jedoch schon keinen Hinweis darauf, dass weitere Informationen auf den Webseiten der Beklagten verfügbar seien. Der abgedruckte QR-Code sei auch nicht in einem so engen räumlichen Zusammenhang zu der umweltbezogenen Werbung aufgedruckt, dass es sich dem Kunden ohne Weiteres erschließen würde, dass die für ihn notwendigen Informationen auf diese Weise verfügbar wären. Für einen etwaig zulässigen Medienbruch sei jedoch jedenfalls eine Verweisung mit einem klaren und eindeutigen Link erforderlich. Im Übrigen führe der betroffene QR-Code auch nicht direkt auf eine Unterseite der Internetseite der Beklagten, sondern allgemein auf deren Internetseiten, von wo der Verbraucher sich dann zu den gewünschten Informationen erst durchklicken müsse. Ungeachtet dessen bestünde erhebliche Zweifel daran, ob die auf der Internetseite aufgeführten Informationen ausreichend seien. Dort fänden sich nämlich keine genauen Angaben zur berechneten Klimabilanz und keine Angaben darüber, in welchem Umfang die Klimaneutralität durch Kompensationsmaßnahmen und in welchem Umfang durch Einsparungen erreicht würden.

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